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Berlins Behörden fehlen 11.000 Laptops

Die Lieferung der Geräte dauert schon fast ein Jahr. Viele Behörden-Mitarbeiter können deshalb nicht im Homeoffice arbeiten.


Berlin. Die globalen Folgen des Digitalisierungsschubs während der Corona-Krise holen die Berliner Behörden ein. Lieferengpässe führten dazu, dass 11.000 bestellte Laptops, die Beschäftigte auf Landes- und Bezirksebene für die Arbeit im Homeoffice benötigten, noch nicht angekommen sind, sagte Martin Pallgen, Sprecher der Senatsinnenverwaltung, auf Anfrage der Berliner Morgenpost.


Pallgen führt das Problem auf die angespannte Situation auf dem Weltmarkt zurück - Hersteller von Mikrochips und Halbleitern hinken bei der Produktion der seit Krisenbeginn steigenden Nachfrage nach mobilen Endgeräten hinterher. Mit einer Lieferung der Laptops rechnet Pallgen Ende Oktober dieses Jahres. Das Land Berlin habe keine speziellen Anforderungen an die Geräte oder Anbieter, so der Sprecher: „Die von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport bestellten Notebooks sind marktübliche Modelle der Firmen HP und Dell."


Bislang können 50 Prozent der Beschäftigten bei Berliner Behörden mobil arbeiten

Welche Fortschritte der öffentliche Dienst bei der Digitalisierung macht, diskutierte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erst kürzlich bei einer IHK-Veranstaltung über den Weg Berlins zur Smart City. Dabei forderten die Unternehmer von Müller eine „Digital-Legislatur" in der Hauptstadt. Müller verwies auf die Fortschritte der letzten Monate: Inzwischen könnten mehr als 50 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst online mobil arbeiten. Vor der Pandemie seien das erst zehn Prozent gewesen. Von Problemen mit ausstehenden Laptop-Lieferungen ist während der Diskussion nicht die Rede gewesen.


Die Lieferengpässe thematisierte Sabine Smentek (SPD), Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), erstmals bei einer Pressekonferenz, die sich um die Digitalisierung des Rathauses Charlottenburg drehte. Dort erzählte Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD), dass er die Zahl der mobilen Arbeitsplätze für die Beschäftigten des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von 200 auf 700 aufstocken konnte. Ziel sei jedoch, den Mitarbeitern insgesamt 1500 Laptops und Telearbeitsplätze anzubieten. Für den Erwerb der Laptops ist das IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ) zuständig. Bei ihm gab das Bezirksamt Ende vergangenen Jahres seine Bestellungen auf.


Staatssekretärin: „Warum sollten ausgerechnet wir zuerst beliefert werden?"

Die restlichen Laptops ließen tatsächlich seit fast einem Jahr auf sich warten, räumte Smentek ein. „Das liegt an einem weltweiten Lieferkettenproblem - es gibt keine Mikrochips mehr", so Smentek. Viele Unternehmen in Deutschland und anderen Teilen der Welt kämpfen mit den gleichen Schwierigkeiten wie die Berliner Behörden. Die für die Herstellung der Chips benötigten Halbleiter - kristalline Stoffe, die Strom leiten und isolieren - sind seit Beginn der Pandemie heiß begehrt. Denn die Corona-Krise förderte den Digitalisierungsschub bei Arbeitgebern und damit die Nachfrage nach Mikrochips für technische Geräte.


Doch die großen Chiphersteller, meist in fernöstlichen Ländern ansässig, kommen bei der mühsamen Herstellung der Halbleiter nicht mehr hinterher. Ein globales Problem, das die Berliner Landes- und Bezirksämter allein nicht lösen können. Sie habe sich intensiv darum bemüht, Kontakt zu verschiedenen Anbietern aufzunehmen, um dort an die benötigten Geräte zu kommen, versichert Smentek: „Aber da rufen jetzt alle an und wollen Laptops. Warum sollten ausgerechnet wir zuerst beliefert werden?"


Millionen von Autos konnten wegen Mikrochip-Mangel nicht gebaut werden

In Deutschland ist neben der Computer- auch die Automobilindustrie vom Mangel an Halbleitern betroffen. Millionen von Autos konnten Anfang dieses Jahres nicht gebaut werden, weil Mikrochips nicht geliefert wurden. Der Bundesregierung war bereits vor der Corona-Krise bewusst, dass sie die Produktion und Entwicklung der Chips im eigenen Land fördern muss. Um in Zukunft mehr Unabhängigkeit von ausländischen Zulieferern zu garantieren, hat Deutschland bereits 2017 gemeinsam mit drei weiteren EU-Staaten ein „wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse" für Mikroelektronik angestoßen. Deutschland will bis Ende 2023 insgesamt eine Milliarde Euro investieren.

Zudem plant die EU-Kommission, eine europäische Allianz für Mikroelektronik und Prozessoren ins Leben rufen. Mithilfe von Subventionen sowie privaten Investitionen sollen dabei etwa 20 bis 30 Milliarden Euro für die aufwendige und kostenintensive Chipproduktion zusammenkommen.


Stadtrat: Homeoffice in der Abteilung funktioniert „einfach gar nicht"

Dass solche staatliche Förderprogramme auch für den reibungslosen Arbeitsablauf in den eigenen Behörden dringend nötig sind, wurde am Mittwochabend in einer Sitzung des Bauausschusses Charlottenburg-Wilmersdorf klar. Dort schilderte Baustadtrat Oliver Schuroffeneger (Grüne), welche Auswirkungen die Lieferengpässe der Laptops auf die Arbeitsfähigkeit des Bezirksamts haben. Im Ausschuss wollte die CDU von Schruoffeneger wissen, wie viele seiner Mitarbeiter nun die technischen Möglichkeiten haben, von Zuhause aus zu arbeiten.


Schruoffeneger monierte, dass in seiner Abteilung nur einer von fünf Beschäftigten ein Laptop zur Verfügung gestellt bekommen habe. Schließlich fragten die Bezirksverordneten den Stadtrat, wie die Arbeit im Homeoffice dann gelingen könne. Schruoffeneger antwortete prompt, sie funktioniere „einfach gar nicht."

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