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Nickerchen auf Aschenputtel

Nickerchen auf Aschenputtel

Pippilotta und Aschenputtel sind nur einige der Helfer, die Conny Antonik und ihr Team bei der Arbeit unterstützen. Sie sind nicht, wie sich vermuten lässt, Teil eines modernen Märchens. Die Pferde und Ponys der Taufkirchner PuPA, Pferde und Pony Akademie helfen beeinträchtigten und gesunden Kindern.

© privat

Bei der Arbeit mit den Pferden und Ponys kann es passieren, dass die Tiere als Schlafplatz genutzt werden.

Ein kleiner Junge liegt schlafend auf einem Pony, ein Ritter reitet auf einem noch bunter verkleidetem Pony, dazu lachende Gesichter und strahlende Augen. Diese Bilder hängen in der Eingangshalle der PuPA und empfangen die Besucher. Geht man weiter und biegt links in die weiß gestrichene Stallung ein, blicken einem die Ponys und Pferde neugierig entgegen. Sie recken ihre Hälse über die Gitterstäbe der Boxen, an denen liebevoll gestaltete Namenstafeln hängen, hinten im Gang wiehert der Friese Little Amadeus. Little, da er kleiner ist als andere Friesen. „Aber deswegen ist er ja nicht wertlos", sagt Conny Antonik, die Gründerin der Pferde und Pony Akademie und streichelt ihm über den schwarzen Kopf. Die Mutter von sechs Jungen hat mit der Einrichtung ihren Lebenstraum verwirklicht. Sie ist mit Pferden aufgewachsen und hatte schon immer den Wunsch eines eigenen Pferdehofs - in ihrer Akademikerfamilie damals undenkbar. Durch einen Schicksalsschlag kam ihr die Idee, mit beeinträchtigten Kindern zu arbeiten und ihnen dadurch das Leben einfacher und glücklicher zu machen. Ihr vierter Sohn kam mit einer halbseitigen Lähmung zur Welt. Dank vieler Therapien kann er heute vieles, was früher undenkbar gewesen wäre. Wie selbstverständlich reitet er die Ponys und Pferde der PuPA.

Sein Urgroßvater hat an ihm gesehen, wie viel durch die Arbeit mit den Pferden erreicht werden kann. Seine Enkelin hat mit ihrer scheinbar unendlichen Geduld und ihrem Engagement bei der Inklusion geschafft, die Meinung ihres sturen Großvaters zu ändern. Bei dem Aufbau der PuPA war er eine wichtige Stütze.

Conny Antoniks Kinder haben keine Angst vor Pferden. Das ist nicht selbstverständlich. „Für viele Kinder sind Pferde fremd und darum haben sie Angst", erklärt sie. Um das zu ändern ist sie oft mit ihren Vierbeinern unterwegs. In Kindergärten und Schulen - engagiert von der Stadt München. „Pferdegestütztes Lernen" nennt sich diese Aktion und bringt den Kindern das für sie teilweise völlig fremde Tier näher. „Dabei ist es wichtig, dass die Kinder alles freiwillig machen und sie, wenn sie nicht wollen, auch nicht zu den Tieren müssen." Doch wenn das fuchsfarbene Pony Simmerl und der schwarze Gwendolin im Garten des Kindergartens stehen, dann leuchten meistens die Kinderaugen und auch die Erzieherinnen und Erzieher sind begeistert. Zuerst nähern sich die Kinder den Tieren und berühren sie. Später dürfen die Mädchen und Jungen die Ponys striegeln und putzen. Auch die Erzieher müssen schon mal, unter lautem Lachen der Kinder, auf die Ponys, um die Situation aufzulockern. Das eigentliche Highlight der Besuche ist das Reiten. Doch hier wird nicht normal geritten. Kleine Elfen, Prinzessinen oder Ritter werden durch den Garten geführt. „Das will sich natürlich niemand entgehen lassen", erzählt die Pferdenärrin und lacht.

Doch nicht alle Kinder trauen sich auf die Ponys. Darüber hat die sechsfach-Mama nachgedacht und sich zur Aufgabe gemacht, die Pferde den Kindern spielerisch näher zu bringen. So hat das weiße Pony Prima Ballerina auf einmal eine pinke Mähne, „ein kleines Mädchen war großer Prinzessin Lilifee-Fan". Auf die Gesundheit der Pferde wird größter Wert gelegt, „niemals eine Farbe benutzt, die den Tieren schaden könnte". Das kleine Mädchen hat, dank des besonders aussehenden Ponys, ihre Scheu verloren und ist auf Prima Ballerina aufgestiegen.

Neben den Besuchen in den Kindergärten und Schulen wird die Arbeit mit beeinträchtigten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen groß geschrieben. Das Gefühl, mit den Pferden zusammen zu sein, auf ihnen zu sitzen, die Wärme und die Bewegung zu spüren, hilft nicht nur den motorischen Fähigkeiten. Auch das Seelenleben wird dadurch positiv beeinflusst. Mit einem Lächeln auf den Lippen erklärt Conny Antonik: „Auf einmal haben sie vier gesunde Füße unter sich." Das Konzept der PuPA ist einzigartig und selbst erarbeitet. Die Entwicklungstherapeutin hat das Hintergrundwissen und arbeitet mit renomierten Universitäten zusammen. Die Erfolge der, durch die Pferde gestützten Behandlungen werden aufgeführt und ausgewertet. Dadurch wird das Konzept stetig verbessert.

Eine Reitpuppe ermöglicht beispielweise Rollstuhlfahrern das imaginäre Reiten, wenn sie sich selbst noch nicht auf das Pferd trauen. Dazu ist eine lebensgroße Puppe auf dem Pferd festgebunden. Die Zügel führen durch die Finger der Puppe, über den Rücken des Pferdes, zu der Rollstuhlfahrerin oder dem Rollstuhlfahrer, welche mit den langen Zügeln den Pferden Anweisungen geben können.

Die Besucher der PuPA sind auch nie allein in der Halle. „Es ist wichtig, dass die Beeinträchtigten immer ihre Freunde und andere sehen können, die sich vielleicht schon auf das Pferd getraut haben. So werden sie ermutigt, auch auf das Pferd zu steigen."

Inklusion ist allen Mitwirkenden sehr wichtig. „Hier kann jeder so sein wie er ist". Nur weil jemand im Rollstuhl sitzt, eine geistige oder körperliche Beeinträchtigung hat, wird er nicht anders behandelt. Jedes Kind kann bei den Pferden so weit gehen, wie sie es sich selbst zutrauen. Durch die vielen außergewöhnlichen Ideen von Conny Antonik und ihren Helfern wird die Annäherung zu den Pferden lediglich erleichtert.

So ist es nichts Besonderes, wenn ein kleiner Junge auf dem getupften Pony Aschenputtel entspannt einschläft, ein Ritter über den Taufkirchner Zacherlhof reitet und viele Augen zum Strahlen gebracht werden.

L.Pettenkofer

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