Für viele junge Menschen ist die Nacht zu kurz: Jeder fünfte Jugendliche schläft unter der Woche weniger als sechs Stunden - und riskiert damit seine Gesundheit.
Zu diesem Ergebnis sind Forscher des Schlafmedizinischen Zentrums in Marburg und des Instituts für Gesundheitsförderung und -forschung (IGFF) in Dillenburg gekommen. Untersucht wurden insgesamt 8850 Personen aus Hessen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren. Im Schnitt schlafen die Jugendlichen weniger als sieben Stunden täglich. Dabei empfehlen Experten in diesem Alter eine Schlafdauer zwischen acht und neun Stunden.
Die meisten Jugendlichen leiden unter dem permanenten Schlafmangel, der sich negativ auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit auswirkt. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, sich tagsüber nicht ausgeruht zu fühlen.
„Genügend Schlaf in der Pubertät ist für die Gesundheit extrem wichtig", erklärt Studienleiter Manfred Betz vom IGFF. Durchschnittlich schlafen die Jugendlichen nur sechseinhalb Stunden pro Nacht, an den Wochenenden sind es neun. „Damit schlafen sie weniger als ältere Erwachsene, obwohl in jungen Jahren mehr Schlaf benötigt wird." Fortlaufender Schlafmangel kann gesundheitliche Probleme wie psychische Erkrankungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen.
Pubertät und Medienkonsum als Ursachen
Eine Ursache für das Schlafdefizit sehen die Forscher im biologischen Rhythmus der Jugendlichen. „In dieser Lebensphase kommt es zu großen Veränderungen im Gehirn", sagt Betz. Das Schlafhormon Melatonin werde erst Stunden später ausgeschüttet, die Pubertierenden blieben folglich länger wach.
Auch der hohe Medienkonsum wie Fernsehen und Internet lenke die Jugendlichen vom Schlafen ab. „Viele gehen erst um 2 Uhr morgens ins Bett, obwohl der Wecker nur wenige Stunden später klingelt", so der Forscher. Durch den frühen Schul- und Arbeitsbeginn bleibt jedoch keine Zeit zum Ausschlafen. Die Folgen sind müde Gesichter, die sich durch den Alltag gähnen. So geben 70 Prozent der Befragten an, häufiger länger schlafen zu wollen. Diesem Wunsch gehen die Jugendlichen am Wochenende nach. Durch spätes Aufstehen wird dann versucht, den fehlenden Schlaf nachzuholen.
Späterer Schulstart hilfreich
Vor zwei Jahren kam eine US-Forschergruppe aus Rhode Island in einer Studie mit 200 untersuchten Schülern zu einem ähnlichen Ergebnis: Lediglich jeder Sechste hatte eine ausreichende Schlafdauer von acht Stunden pro Tag. Die Mehrheit der Kinder litt unter Schlafmangel.
Als die Forscher den Schulstart von 8 Uhr auf 8.30 Uhr verlegten, änderte sich das Schlafverhalten der Kinder jedoch radikal: Jeder zweite Schüler schlief nun acht oder mehr Stunden.
Auch Studienleiter Manfred Betz hält einen späteren Schulbeginn ab 9 Uhr für Schüler zwischen 16 und 20 Jahren für sinnvoll. Er und sein Forschungsteam sehen noch einen großen Aufklärungsbedarf bei den Jugendlichen. Das Thema Schlaf müsse bei gesundheitsfördernden Maßnahmen mehr berücksichtigt werden.