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Corona-Auswirkungen: Alleinerziehend, alleingelassen

Alleinerziehende und ihre Interessen werden von der Gesellschaft oft vernachlässigt. Die Pandemie hat dies einmal mehr gezeigt. Wie die Lebensrealität von Alleinerziehenden in Berlin während der Pandemie aussah und welche Rolle hier die Kommunen spielen können, haben drei Gesundheitsforschende der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) untersucht.

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Dafür führten sie 30 Interviews mit alleinerziehenden Personen in Berlin-Neukölln; davon 16 vor und 14 während der Pandemie. Von den Befragten waren 28 Mütter und zwei Väter, alle Interviewten waren zwischen 29 und 52 Jahren alt.

In Deutschland leben laut Zahlen des Bundesfamilienministeriums rund 1,5 Millionen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, was einem Anteil von 18 Prozent an allen Familien mit minderjährigen Kindern entspricht. Neun von zehn Alleinerziehenden sind Frauen.

Die Interviews zeigten, wie sich die ohnehin hohe Doppelbelastung von beruflicher Tätigkeit und alleiniger Kinderbetreuung während der Pandemie verstärkt hat, heißt es in dem Beitrag. Veröffentlicht wurde er in der Fachzeitschrift „Forum Gemeindepsychologie". Als größte Herausforderung beschrieben die Interviewten, Homeoffice und Homeschooling zu vereinbaren, und zwar gerade dann, wenn sie mehrere Kinder verschiedenen Alters betreuen mussten.

Alleinerziehende fühlen sich nicht gesehen

Was hinzukommt: Viele Alleinerziehende fühlen sich nicht gesehen. Ein Gefühl, das schon vor der Pandemie präsent war. Umso wichtiger sind soziale Kontakte. In den Interviews zeigte sich die Bedeutung von entlastenden sozialen Netzwerken, die sich die befragten Alleinerziehenden selbst organisierten. Diese brachen durch die Pandemie jedoch weg.

Gleiches galt für Sport- und Begegnungsmöglichkeiten, die zur Entspannung und Erholung dienen. Für viele Eltern kam zudem die Angst vor einer Ansteckung hinzu. All dies habe zu einer „ besonderen psychischen Belastung " geführt, schließt die Studie.

Trotz aller Schwierigkeiten berichteten einige Alleinerziehende auch von positiven Aspekten: Die Pandemie habe sie dazu gezwungen, ihr Leben zu verlangsamen und mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Das habe in manchen Fällen die Bindung zwischen Eltern und Kindern gestärkt.

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Aufhänger der Studie ist die Frage, welche Rolle Kommunen in der familiären Gesundheitsförderung spielen. Weitere Interviews zur Situation Alleinerziehender will das Team im Wedding führen. Vorteilhaft ist den ASH-Forschenden zufolge in jedem Fall, wenn Alleinerziehende in Städten leben. Denn dort seien die Voraussetzungen zur Unterstützung bereits gegeben. Es gelte jetzt, daraus neue Angebote zu entwickeln.

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