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Warum hört man die eigene Stimme anders?

Schwingungen im Körper Warum hört man die eigene Stimme anders?

(Foto: imago images / Panthermedia)

Selbst- und Fremdwahrnehmung gehen manchmal weit auseinander. Das wird offensichtlich, wenn man die eigene Stimme aus einer Aufzeichnung hört. Viele wundern sich und denken: Das bin doch nicht ich! Wie es zu dieser Diskrepanz kommt, erklärt ein Experte.

Es ist ein Phänomen, das jeder schon einmal erlebt hat. Man schaut ein Video von sich an und kommt nicht um die Frage herum, was plötzlich mit der eigenen Stimme los ist. Sie klingt dort definitiv anders als gewohnt. Nachdem zuerst die Qualität der Aufnahme kritisch überprüft wird, muss sich spätestens danach eingestanden werden, dass man sich wirklich so anhört. Aber wie kann das sein?

So fremd die eigene Stimme auf einer Tonaufnahme auch klingen mag: Es ist tatsächlich die eigene. Es ist genau die Stimme, die alle Menschen um einen herum hören. Alle mit Ausnahme von einem selbst. Denn man selbst hört sich wie kein anderer. Weshalb dies so ist und wie es zu dieser Diskrepanz kommt, erklärt Professor Christian Betz, Direktor der Klinik für HNO-Heilkunde des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, im Gespräch mit ntv.de.

Bevor man etwas hören kann, muss ein Laut entstehen. Bei der Stimme passiert dies beim Sprechen. "Die Schallwellen, die wir mit dem Kehlkopf erzeugen und mit dem Mund, insbesondere der Zunge, artikulieren, sind wellenförmige Schwingungen in der Luft", erklärt Betz. Das Gesagte einer Person hört man demnach, weil die Schwingungen über die Luft das Trommelfell erreichen. Man spricht hier von der sogenannten Luftleitung. Durch die entstehende Vibration wird das Trommelfell in Bewegung gesetzt, was dazu führt, dass die Schwingungen über die Gehörknöchelchen ans Innenohr weitergeleitet werden.

Doppeltes Hören der eigenen Stimme

Doch wie kommt es nun, dass man seine Stimme anders als alle anderen hört? Der Grund liegt im Vorgang des Hörens selbst. Während Außenstehende das Gesagte nur über die Ohren wahrnehmen, kommt bei einem selbst noch zusätzlich ein zweiter Vorgang ins Spiel. "Man hört seine eigene Stimme nicht nur über die Luftleitung, die in die Ohren führt", so Betz. Hinzu kommt ein Prozess, der ausschließlich im eigenen Körper abläuft und daher von anderen nicht nachvollzogen werden kann.

Beim Sprechen gelangen Schallwellen nicht nur durch den Mund nach draußen, sondern vibrieren auch im Inneren des Körpers und gehen bei der Erzeugung direkt auf das umgebende Gewebe über. Genauer findet diese Vibration im Skelett des Schädelknochens statt, da der Schädel dem Stimmwerkzeug des Menschen am nächsten ist. "Es werden Schallwellen über den Schädelknochen und die Schädelweichteile direkt an das Mittel- und Innenohr weitergeleitet." Diese Schallwellen verlassen den Mund also nicht, sondern gelangen direkt über die sogenannten Knochenleitungen an das Innenohr.

Bei der Entstehung der eigenen Stimme findet demnach eine Kombination aus zwei verschiedenen Arten des Hörens statt, die man nur selbst wahrnimmt. So melden das Ohr zum einen und das Skelett zum anderen Schwingungen an das Innenohr. Wenn man nun also seine Stimme auf einem Tonträger hört, fällt die Vibration im Inneren des Körpers weg. Auf einmal hört man die eigene Stimme so wie die Menschen um einen herum. Viele Menschen mögen ihre Stimme auf Aufnahmen zuerst nicht, weil sie sehr ungewohnt ist. "Hier gibt es definitiv einen Gewöhnungseffekt. Je häufiger man seine Stimme aufgenommen hört, desto mehr bringt man sie mit seiner eigenen Person und seinem eigenen Charakter in Verbindung."

Übrigens: Im Alter kommt es häufig zu einer Veränderung der Stimme. Sie wird schwächer, verliert an Kraft und kann sogar eine andere Tonlage erreichen. Die Gründe hierfür können sehr verschieden und individuell sein. Häufig hängt es jedoch mit der Abnahme der Gewebeelastizität und der Lungenkapazität zusammen.

Quelle: ntv.de

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