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Alles eine Frage der Balance: Nichts ist so persönlich wie die Gesundheit

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Wer sich mit der Frage - Was ist Gesundheit und wie kann ich diese erhalten - beschäftigt, sollte, falls er eine wirklich umfassende Antwort möchte, Zeit, Geduld und Offenheit mitbringen. Denn die Aufgabe gleicht einem Puzzlespiel. Ein vollständiges Bild über das komplexe Thema kann nur entstehen, wenn die dazugehörigen Puzzleteile erkannt und sinnvoll zusammengefügt werden. Die Schwierigkeit dabei ist, dass in Bezug auf Gesundheit zunehmend Informationen zu finden sind, die primär der Absatzförderung eines Produkts dienen. Weiterhin kursieren viele Unwahrheit und Halbwahrheiten, was es nicht einfach macht, relevante von nutzlosen Informationen zu unterscheiden.


Gesundheit - das Fehlen von Krankheit? 

Eine erste Orientierung bietet die Definition der 1984 gegründeten Weltgesundheitsorganisation (WHO). Darin wird Gesundheit nicht nur mit der Abwesenheit von Krankheit, sondern mit einem Status von körperlichem, geistigem und sozialem Wohlbefinden, gleichgesetzt. Ein sehr idealistischer Anspruch, der in der Praxis bisher aber weder gemessen noch umgesetzt werden konnte. Leider wird der Anspruch auf Ganzheitlichkeit in der modernen Schulmedizin aber auch in den Köpfen der Gesellschaft, noch viel zu oft in die Schublade der alternativen Heilmethoden gesteckt. Fortschritte in der Psychologie machen zwar deutlich, dass die geistige Ebene immer mehr mit dem Erhalt von Gesundheit in Verbindung gebracht wird, aber auch hier liegt der Fokus auf der Pathogenese und Pathophysiologie, also der Krankheitsentstehung, deren Ursache, Vermeidung und Therapie.

Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass sich der biologische Organismus grundsätzlich in Homöostase, im Gleichgewicht, befindet. Wird dieses Gleichgewicht durch äußere Erreger - mikrobiologische, psychosoziale, chemische etc. - gestört, erkrankt der Organismus. Folglich bleibt in diesem Sinne gesund, wer die negativen Erreger oder Risikofaktoren ausschaltet bzw. sich diesen weitestgehend entzieht.

Diese These ist sicher nicht von der Hand zu weisen, hat sie doch maßgeblich dazu beigetragen, dass sich der Hygienestandard in Europa auf höchstem Niveau befindet und der Prävention ein fester Platz im Gesundheitswesen eingeräumt wurde.

Wichtige und grundlegende Bausteine für Gesundheit sind danach die regelmäßige Körperhygiene, der Verzicht von krankmachenden Substanzen und das Minimieren von Risikofaktoren wie übermäßigem Stress.

Allerdings fördert die Annahme auch einige Ungereimtheiten zutage. Zunächst stellt sich die entscheidende Frage, wie ein Mensch in der Postmoderne sämtlichen Stressoren des Lebens aus dem Weg gehen soll? Gerade psychosoziale Risikofaktoren können zwar in einem gewissen Maß minimiert, aber nicht grundlegend ausgeblendet werden. Auch ist nicht klar, warum die gleichen Erreger oder Risikofaktoren bei manchen Menschen eine Erkrankung auslösen und bei anderen nicht.


Gesundheit - eine neue Perspektive 

Eine sehr interessante und durchaus polarisierende Alternative, zur pathogenen Sicht auf Gesundheit, offeriert Aaron Antonovskys salutogenetischer Ansatz. In seiner Theorie beschäftigt er sich nicht mit der Frage welche Faktoren krank machen, sondern warum Menschen, trotz vielleicht schwieriger Umstände gesund bleiben. Gleichwohl seine Theorie hier nicht vorgestellt werden soll, ermöglicht bereits sein Ansatz einen wertvollen Perspektivwechsel auf das Thema Gesundheit. Antonovski geht nämlich nicht von einer grundlegenden Homöostase im Leben aus. Sein Verständnis des Grundzustands eines Menschen ist die Heterostase. Für ihn ist Gesundheit kein fixer Zustand, sondern ein wiederkehrender Prozess der eine kontinuierliche Anpassung des Organismus an die sich verändernden und teilweise chaotischen Lebensbedingungen verlangt. Der Mensch ist danach nicht nur krank oder nur gesund, er bewegt sich anhaltend zwischen den Polen Gesundheit und Krankheit. Um gesund zu bleiben, reicht es daher nicht Erreger auszuschalten. Parallel dazu müssen ebenso widerstandsfähige Ressourcen, Schutzfaktoren und eine gesundheitsförderliche Grundeinstellung zum Leben vorhanden sein oder gebildet werden.

Fügt man nun beide Annahmen zusammen wird auch deutlich, warum ein und derselbe Erreger oder Stressor nicht auf jeden Organismus dieselbe Wirkung hat. Schließlich leiden nicht alle im Frühling an Heuschnupfen, nehmen durch Fast Food zu oder werden durch einen persönlichen Schicksalsschlag depressiv. Gesundheit ist etwas sehr individuelles und hängt immer auch von der Konstitution und Widerstandsfähigkeit, der einzelnen Ebenen Körper, Geist & Seele, einer betreffenden Person ab.


Die richtige Balance finden 

Die wachsende Biolebensmittel-Industrie, der anhaltende Wellnesstrend und die nicht Müde werdende Fitness- und Diätvermarktungsbranche zeigen, dass die Lebensweisheit „Ein gesunder Geist, steckt in einem gesunden Körper" in der westlichen Welt weit verbreitet ist. Körperliche Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf stehen ganz oben auf der Liste einer gesunden Lebensführung. Weit weniger Beachtung dagegen findet die mentale und auch die seelische Konstitution eines Menschen. Wie wichtig das geistige oder seelische Wohlbefinden für die Gesundheit ist, wird meist erst erkannt, wenn es aus dem Gleichgewicht geraten ist. Aber selbst dann werden diese Faktoren gerne ausgeblendet, als gegeben hingenommen und zum Teil einfach tot geschwiegen. 

Eine folgenschwere Tatsache, da ein Job der grundlegend unterfordert ebenso krank machen kann, wie eine destruktive, aus Gewohnheit weitergeführte Partnerschaft oder, durch ein fehlendes Netzwerk, zustande gekommene, dauerhafte soziale Isolation.

Ein Architekt würde schließlich auch nicht auf die Idee kommen sein Haus auf nur einer Säule aufzubauen und weiß darüber hinaus, dass die Stabilität von jeder einzelnen Säule abhängt. Er ist sich bewusst, dass schon eine instabile Säule reicht, um sein ganzes Konstrukt einstürzen zu lassen. Ähnlich verhält es sich auch mit den drei Ebenen die einen Menschen zu dem machen, was er ist. Körperliche Beschwerden mindern die geistige Leistungsfähigkeit und beeinträchtigen, wenn sie chronisch werden, auch den seelischen Zustand. Ebenso zeigt sich ein seelisches Ungleichgewicht häufig durch körperliche Symptome. Wer lange gesund bleiben will, sollte seine Bemühungen daher auf alle Ebenen konzentrieren und diese niemals unabhängig voneinander behandeln.


Körper, Geist & Seele 

Die Maßnahmen zur Förderung der Ressourcen der einzelnen Ebenen scheinen zunächst sehr unterschiedlich, bei genauerer Betrachtung ist das Prinzip aber das Gleiche.

Um etwas leisten zu können, braucht der Mensch Nahrung. Nahrung in Form von hochwertigen Produkten, die er zu sich nimmt, Nahrung im Sinne von Bildung für den Geist und Nahrung für die Seele, die vor allem dadurch erlangt wird, dass der Mensch einen Sinn in seinem Leben sieht. Beispielsweise durch seine Arbeit, die Kindererziehung oder möglicherweise eine ehrenamtliche Tätigkeit.

Mit dieser, stets aufs Neue, zu stärkenden Basis, kann und soll der Mensch dann in Bewegung kommen. Neben körperlicher Fitness ist die geistige Beweglichkeit durch spannende Herausforderungen genauso wichtig, wie ein soziales Netzwerk und der konstante Austausch mit interessanten Menschen die uns im besten Fall auch noch am Herzen liegen.

Wer viel von sich fordert, muss außerdem gezielt darauf achten für Entspannung zu sorgen. Dass der menschliche Körper zur Regeneration Schlaf benötigt ist klar. „Nur" Schlafen allein reicht aber bei Weitem nicht aus. Durch mentales Training wie Yoga, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung sollte auch die innere Balance und Ruhe gefördert werden. Auf Reisen einfach mal die Seele baumeln zu lassen und Abstand vom stressigen Alltag zu bekommen, ist eine weitere sehr nachhaltige Form zur Ruhe zu kommen.


Das Wichtigste aber ist die Achtsamkeit. Wer sich mit Liebe und Respekt begegnet, auf seine innere Stimme hört und den Mut aufbringt ein Leben zu leben, welches die innere Überzeugung widerspiegelt, trägt einen entscheidenden Teil dazu bei, sich lange in seiner Haut wohlzufühlen.

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