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Smartplaces. Digitale Technik, schlaue Orte, informierte Besucher

Die Digitalisierung schreitet rasant voran, neue Trends sprießen überall. Welche davon dauerhaft und zukunftsträchtig sind, lässt sich selbst für Experten nicht immer vorhersagen. Orte zu „smartifien" - also mit Übertragungstechnologien, Sensorik und aufbereiteten Information auszustatten - ist jedoch eine Strömung, die sicher nicht mehr aufzuhalten ist. Grund dafür sind ihre Vielseitigkeit und die durchdachte Kombination von gesellschaftlichen Tendenzen, Technik und Benutzerwünschen. Damit sind Smartplaces auch ein Thema für Kulturbetriebe und -veranstaltungen. Ihre Voraussetzungen, Möglichkeiten und innovative Beispiele stellen wir im Folgenden vor.


Smartplaces sind intelligent ausgestattete Orte, die eine bestmögliche Nutzung durch ihre Kunden, Besucher, Bewohner oder auch Mitarbeiter umsetzen wollen. Schon jetzt können einzelne Plätze und Gebäude, aber auch ganze Städte flexibel und nachhaltig ausgerichtet werden. Sie reagieren damit anhand von Nutzerdaten auf künftige Anforderungen bei Infrastrukturen, Wohn- und Arbeitsräumen, Freizeitmöglichkeiten oder der Versorgung mit Informationen. Das Prinzip lässt sich an den jeweiligen Zweck des Ortes anpassen.


Die einzelnen eingesetzten Technologien - überall verfügbares, schnelles Wlan, Georeferenzierung mittels GPS oder Beacons, Apps und Social-Media-Anbindung - sind also nur bedingt das Besondere an Smartplaces. Vielmehr ist es ihre Kombination und Anwendung auf ein vielfältiges, ganzheitliches Nutzererlebnis. Voraussetzung dafür ist der Zugang zu den Informationen genau dann, wenn sie individuell gebraucht werden. Auf diese Weise wird das Gefühl vermittelt, dass man willkommen ist und die Bedürfnisse wichtig sind - eine Form des Gastgeberbrandings. Zugleich ist im Hintergrund das Sammeln von anonymen Daten zur stetigen Verbesserung des Nutzungserlebnisses gewährleistet.


Das smarte Kulturerlebnis


Die erlebnishafte Versorgung mit multimedialen Informationen und spielerischen Elementen kann auch den Besuch einer Kultureinrichtung zu etwas Besonderem machen - in Konkurrenz zu anderen Freizeitanbietern. Smartplaces bieten hierfür durch ihre Versorgung mit Technologien und digitale Informationen eine Palette an Optionen.


Eine entsprechende App kann schon vor dem eigentlichen Besuch Informationen zu Anfahrtswegen und Hotels oder Verlinkungen zum Online-Ticketverkauf liefern. Im Museum selbst kann mit geringem Budget jedes Kunstwerk mit einer Technik zur ortsreferenzierten Datenübertragung versehen werden. Auch für Theaterbesuche und Festivals kommt dies bereits zum Einsatz. Wie ein klassischer Guide kann eine App zudem die Geschichten rund um das Kulturerlebnis multimedial und vor allem auf verschiedenen Ebenen erzählen. In einem realen Raum sind die Vermittlungsmöglichkeiten stets durch die architektonischen Gegebenheiten den Platz, das Design oder das Licht begrenzt. Im digitalen Raum einer App ist das anders. Hier können Geschichten auf unterschiedlichste Art aufbereitet werden, ob als schlichte Informationspräsentation, Spiel oder Entdeckungsrundgang. Damit kann dem Besucher bei jedem Besuch eine neue Erzählweise und damit ein neuer Blick auf das Thema angeboten werden. Hinzu kommen Social-Media-Anbindungen, um direkte Interaktion der Besucher und Mitarbeiter möglich zu machen. Der Mehrwert geht damit über den einmaligen Besuch eines kulturellen Smartplaces hinaus - Wiederkommen ist garantiert.


Für eine Kultureinrichtung bedeutet ein solches Konzept, eine Rundum-Strategie entwickeln zu müssen, die die inhaltliche Ausrichtung mit Marketing und dem Monitoring der Nutzerdaten verbindet. Die dafür notwendigen Technologien benötigen Experten, die nicht nur die technischen Aspekte, sondern das Zusammenspiel aller Facetten im Blick haben. Während eine App nicht im Haus selbst entwickelt werden muss, ist für die Produktion und Redaktion der Inhalte durchaus die Fachkompetenz der Mitarbeiter gefragt.


Mobile Smartplaces in der Kultur. Das Projekt #WiGaOpenAir


Dass die Entwicklung eines Smartplace-Konzeptes für Kultureinrichtungen sinnvoll ist, zeigen erste Versuche von Festivals in den USA. Mit #MenschOrtWeb entsteht in Deutschland aber gerade eine Plattform für die Entwicklung von kulturellen Smartplace-Projekten, die noch weiter geht. Die Interaktion und umfassendes Live-Monitoring und Marketing stehen dabei zusätzlich zur technischen Ausstattung im Mittelpunkt. Das Dortmunder U und zahlreich europäische Partner legen die Grundlage dafür mit einem gleichnamigen EU-Projekt, das als Ziel hat, bis 2015 europaweit eine Anzahl von sechs bis acht Museen und Kreativ-Quartieren zu transformieren.


Aktuell läuft mit dem Open-Air-Event des "Wintergarten Varieté Berlin" der erste umfassende Smartplace-Feldversuch unter dem Dach von #MenschOrtWeb. Dieses Event wird sich am 13. September 2014 in einen mobilen Smartplace verwandeln - mit eigener Wlan-Station und Beacons, einer App, eigens dafür angelegten Social-Media-Kanälen und Monitoring-Technologie. Dieser Feldversuch nimmt von der Planung bis zum Eventtag nur vier Wochen und ein Team von Experten der Bereiche Technik, Marketing, Storytelling und Monitoring in Anspruch.


Neben der technischen Ausstattung des Open-Air-Geländes und dem Arbeitseifer der Projektgruppe in der Kürze der Zeit ist vor allem die App beeindruckend. Die dafür geschaffene digitale Person #Wiga sammelt den Besucher mittels QR-Codes und Augmented-Reality-Anbindung am Plakat, auf dem Ticket oder auf dem Weg zum Event ein, führt ihn zum Wintergarten und begleitet ihn dort den ganzen Abend. Sie zeigt ihm den Weg zu seinem Platz, zur Toilette oder zur Bar, sie erzählt ihm von den Künstlern auf der Bühne, liefert ihm live die Liedtexte - und beantwortet in einem Livechat sogar seine Fragen. Diese stetige Begleitung ist ohne den technischen Hintergrund und die stetige Ortung des Besuchers nicht möglich. Gerade sie macht das Erlebnis des Smartplace Wintergarten Varieté zu etwas Besonderem.


Fragen zur Idee, Organisation und Zusammenarbeit für das Projekt #WigaOpenAir haben wir den Beteiligten gestellt, ihre Antworten sind demnächst hier zu lesen. Natürlich werden wir auch live vor Ort sein und auch im Nachgang von den Ergebnisses dieses ersten Feldversuchs berichten. Karten für das Open Air sind noch erhältlich. Dort können Sie die App selbst ausprobieren und schauen, wie sich ihr Besuch dadurch verändert.

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