Wenn ich ehrlich
bin, wollte ich nicht, dass es so weit kommt. Ich hatte es lange herausgeschoben,
immer einen Grund gefunden es nicht zu tun, bin für andere Geschichten nach
Istanbul oder Prag oder Paris geflogen, nur um es nicht zu tun, oder bin an Abenden
in Lissabon lieber noch einen trinken gegangen, um es am nächsten Morgen nicht
tun zu müssen, sogar eine Grippe kam mir gelegen. Trotzdem wusste ich, früher
oder später, würde ich es tun müssen und ich wollte es ja auch tun, ich hatte
es immer getan, für die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte ich es getan, für
Vice und viele andere Magazine auch, schlussendlich für mich selbst. Nur ist
aus dem, was ich immer getan hatte, mittlerweile ein Gefühl geworden, das man
hat, wenn man Menschen nicht mehr ausstehen kann, die man lange geliebt hat
oder mal in einer Schülerband war und sich die Haare lila färbte und nicht
will, dass das heute irgendjemand mitkriegt. Nicht falsch verstehen, es ist
eines der schönsten dummen Dinge der Welt und ich mache es nach wie vor gerne,
nur darüber schreiben, wollte ich nicht mehr. Es gibt Dinge, die man eben lieber
tut, als über sie zu schreiben, mit einem geliebten Menschen schlafen oder
essen, aber genug von den Vergleichen, ich lenke schon wieder ab. Also.
Geradeaus darauf zu, und nein, ich gehe heute Abend keinen trinken, aber es kann
sein, dass ich ausfällig werde, wertend, verletzend, eindimensional,
persönlich. Folge dessen, dass ich über ein Jahrzehnt einer Fantasie nachgejagt
bin, der nie eine Realität zugrunde gelegen hat, so meine These: Der Surfer-Traum
existiert nicht, nein, noch schlimmer, es hat ihn wahrscheinlich nie gegebe [...]
In Das Magazin #28/2020 gebe ich Surfing die Schuld daran, dass ich
erst mit 29, an der Riviera, weit rausgeschwommen bin und viel! zu lange
kaum über die erste Sandbank hinausgucken konnte.
Original