Theater: DasDa startet mit dem Soldatendrama „Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert in die neue Saison
Von Klaus Schlupp
Aachen
Krieg ist nicht nur wegen der momentanen runden Jubiläen aktuell. Auch heute kämpfen Soldaten im Auftrag ihrer Länder oft sogar für sinnvolle Kriegsziele. Aber sie kommen zurück in eine Gesellschaft, die sie vergessen hat und oft seelisch ermordet. Das galt für die beiden Weltkriege, das gilt für Afghanistan und den Irak, für den Stalingradveteranen wie auch für den 32-jährigen deutschen Afghanistankämpfer, der sich in den Wald zurückgezogen hat und mit Pfeil und Bogen Hasen jagt. In Deutschland ist die Situation verschärft, da die Gesellschaft den Soldaten oft die Anerkennung versagt, die sie verdienen. Wolfgang Borcherts Beckmann in seinem Drama „Draußen vor der Tür" ist so ein Soldat, der als Fremder in eine ihm fremd gewordene Gesellschaft heimkehrt. Nicht nur um die psychologischen Folgen von Kriegen ins Bewusstsein zu rufen hat das DasDa-Theater Borcherts Klassiker in einer erfreulich werkgetreuen und unaufgeregten Inszenierung realisiert.
Der Erfolg der Inszenierung ist auch der Leistung der Darsteller zu verdanken. Den schwersten Part hatte hier Bernhard Schnepf, dessen Beckmann sich von der Handlung treiben lässt und seine vielen Tode herausschreien lässt. Sinnvoll ist auch die Entscheidung von Regisseur Tom Hirtz, den Jasager als Hintergrundstimme aus dem Lautsprecher zu präsentieren. Denn der Jasager ist eine innere Stimme, nichts anderes. Personifiziert treten der Tod, Michelle Brey als fetter Bestatter mit hässlich gefärbten Zähnen und der „liebe" Gott, Mario Thomanek als verlotterter Greis sowie die Elbe, Anne Noack als zynische Nixe auf.
Für laute Lacher ist hier kein Platz. Auch Anne Noack, die ihre „Frau Kramer" mit Hamburger Akzent spricht, bringt die komischen Einlagen so, dass dem Zuschauer das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Berlinerin ist eine der Neuen am Theater, die ihre drei Rollen als Elbe, Mädchen und Frau Kramer gut im Griff hat und auch schon im „Piratenschwein" in einer ganz anderen Rolle brilliert hat.
Beim Bühnenbild hat sich Frank Rommerskirchen für die gigantische Lösung entschieden, die die Figuren bewusst klein und hilflos in dieser übermächtigen Trümmerhölle hält. Bis an die Decke gehen die leeren kaputtgebombten zackigen erdrückenden Häuserfassaden zwischen denen die Darsteller durchhuschen. Und in den Häusern sitzen gemütlich die Stereotypen, die den Krieg längst vergessen haben und durch ihre Gedankenlosigkeit zu Mördern werden, der Kabarettdirektor, der den Anfänger nicht anfangen lassen will, der Oberst mit seinem Gefasel von „soldatischen Tugenden", Frau Kramer, die das für den Selbstmord von Beckmanns Eltern verwendete Gas mehr betrauert als den Suizid selbst.
In der Inszenierung - besonders in der Schlussszene - wird Borcherts Auffassung deutlich, dass der seelische Mord nicht nur eine Folge des Krieges ist, sondern täglich auch im tiefsten äußeren Frieden vorkommt. Auch da sind Mobbing, Psychoterror, Verleumdung und üble Nachrede Dinge, die Menschen zerstören können. Dazu bedarf es keines Zweiten Weltkrieg, auch wenn der diese Morde noch potenziert hat. Im theaterpädagogischen Material ist dieser Ansatz allerdings enthalten. „Draußen vor der Tür" bleibt auch heute hochaktuell, und diese Umsetzung des Stoffes ist eine, die sich zu sehen lohnt.
Vorstellungen bis zum 26. Oktober immer donnerstags, freitags und samstags 20 Uhr und sonntags um 18 Uhr. Karten kosten 22,50 Euro (ermäßigt 15 Euro).
Infos und Karten unter 0049/241161688 und www.dasda.de.