Antibiotikaresistenz ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Allein 2019 sind 1,3 Millionen Menschen deswegen gestorben, Tendenz steigend. Fachleute sprechen von einem post-antibiotischen Zeitalter. Zu Besuch bei denen, die täglich dagegen kämpfen.
Am Ende gab es bei Andriy Kowalenko, der eigentlich anders heißt, nur noch ein Antibiotikum, das wirkte: Ceftazidim/Avibactam - ein Reserveantibiotikum. „Als wir ihm das gaben, gingen die Entzündungsparameter zurück und die Infektion besserte sich", sagt Oberärztin Jessica Rademacher. Davor lagen Wochen, in denen sich der Zustand des 43-jährigen Ukrainers immer weiter verschlechterte.
Ursprünglich war Kowalenko wegen einer Kriegsverletzung in die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) gekommen. Eine Springmine hatte ihn getroffen. Sein linker Oberschenkelknochen war gebrochen, das rechte Schienbein ebenfalls, das Fleisch darüber war zerfetzt von der Explosion. Eine schwere Verletzung, aber etwas anderes machte dem behandelnden Ärzteteam Sorgen: Kowalenko war mit dem Bakterium Klebsiella pneumoniae besiedelt.
Das ist - für sich genommen - erst mal nicht weiter ungewöhnlich. Die kleinen Stäbchenbakterien leben in fast jedem menschlichen Darm. Bei dem Ukrainer hatten sich die Bakterien allerdings in einer Wunde an der Hüfte ausgebreitet und dafür gesorgt, dass sich diese schwer entzündete. Dazu kam: Klebsiella pneumoniae, mit dem die Wunde besiedelt war, ist multiresistent. Das bedeutet: Es gibt kaum noch Antibiotika, die gegen den Keim wirken.
Die WHO warntKowalenko hatte Glück. Für ihn gab es ein Antibiotikum, das half. Aber selbstverständlich ist das nicht. Denn Antibiotikaresistenzen nehmen zu. Und wenn es kein passendes Mittel gibt, endet eine Infektion mit multiresistenten Erregern oft tödlich. Antibiotikaresistenz ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. 2019 starben 1,27 Millionen Menschen deswegen. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Studie, die im Januar 2022 im Wissenschaftsmagazin „The Lancet" veröffentlicht wurde. Die Weltgesundheitsorganisation(WHO) sagt sogar: Antimikrobielle Resistenz ist eine der zehn größten globalen Bedrohungen für die Menschheit.
Und das ist erst der Anfang: Jüngere Untersuchungen zeigen zudem, dass der Klimawandel die Entstehung von multiresistenten Keimen begünstigt, berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI) in einer aktuellen Studie (2023). Je höher die Umgebungstemperatur werde, desto höher seien die Antibiotikaresistenzraten und das Infektions- und Verbreitungsrisiko mit multiresistenten Erregern. Das heißt: Man infiziert sich häufiger und die Erreger sind mit höherer Wahrscheinlichkeit sehr resistent gegen Antibiotika.
Keine gute Prognose. Fachleute wie Annette Hennigs vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sprechen bereits jetzt von einem Post-Antibiotika-Zeitalter. Das wäre ein Schreckensszenario, denn erst Antibiotika haben dafür gesorgt, dass viele bakteriellen Infektionen meist eher Bagatellen sind. Gäbe es tatsächlich irgendwann keine wirksamen Antibiotika mehr, könnten selbst kleine Infektionen wie eine Blasenentzündung tödlich enden. Die WHO prognostizierte sogar einmal, ohne Antibiotika wäre die Welt wieder so wie vor deren Entdeckung 1928.
Warum es immer mehr Resistenzen gibtWie konnte es so weit kommen?
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Der ganze Text: https://www.rnd.de/wissen/antibiotika-resistenz-der-taegliche-kampf-gegen-die-stille-pandemie-RAZYS6...