Anfang September gibt Jared Letos Thirty Seconds to Mars ein Konzert in Hannover. Jetzt war die Band auf ihrer „Monolith”-Tour in Hamburg zu erleben.
Mit ausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen steht Jared Leto im Flatterhemd an der Spitze der rechteckigen Bühne, die jubelnden Zuschauer vor ihm verschmelzen zu einer wogende Masse. „Do you believe that you can walk on water?", singt Leto und die Messias-Assoziation ist gewollt - ein Messias in Jogginghose zugegebenermaßen. Mit seiner Band Thirty Seconds to Mars machte der US-Schauspieler auf der „Monolith"-Tour Halt in der Hamburger Barclaycard-Arena.
Jared Leto ist nicht nur der bärtige Leadsänger der Elektrorock-Band, sondern die treibende Kraft. Dass sich Anfang der Nullerjahre das gleichnamige Debüt von Thirty Seconds to Mars 100 000 Mal verkaufte, ist wohl auch dem schauspielerischen Erfolg Letos zu verdanken. Immerhin kannte man ihn da bereits aus Filmen wie „Fight Club" oder „American Psycho" oder „Requiem for a Dream". Für das Drama „Dallas Buyers Club" bekam er 2014 sogar einen Oscar. Thirty Seconds to Mars sind seither stetig erfolgreich - ohne jedoch den großen Hype auszulösen.
Die Lieder laufen im Radio, fortwährend veröffentlichen die US-Amerikaner Alben und spielen auf Festivals - in diesem Jahr auch bei Rock am Ring. Gemessen am schauspielerischen Erfolg kommt Thirty Seconds to Mars eher wie das musikalische Nebenprojekt von Jared Leto daher.
Auch beim Konzert steht Leto im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Lediglich mit seinem Bruder Shannon am Schlagzeug und ein paar Kameraleuten, die sich wohl um Material für Letos Scialmedia-Kanäle kümmern, muss er sich die Bühne teilen. Gitarrist Tomo Miličević hatte die Tour vorher aus persönlichen Gründen verlassen. Die meisten Riffs kommen daher vom Band, versteckt hinter der Bühne spielt ein Musiker Bass und Keyboard.
Die 10 000 Zuschauer scheint das Halbplayback nicht zu stören: Schon beim ersten Lied „Monolith" jubeln sie laut und singen von da an jedes chorische „Ohh" begeistert mit. Dabei passt die plätschernde Mischung aus rockig-verwaschen Gitarrenriffs, poppigen Synthies und den mantraartigen chorischen Elemente eher zum Ende einer Party, wenn sich alle in den Armen liegen und die zahlreichen „Ohhs" wegen der simplen Textstruktur besonders gut mitgegrölt werden können.
Leto jedenfalls hat Lust zu feiern: Er dreht sich anderthalb Stunden lang versunken unter dem bunten, quaderförmigen LED-Bühnendach, tanzt über die Bühne und animiert das Publikum immer wieder zu springen. Es gibt riesige Luftballons wie in einem überdimensionalen Bällebad. „Habt Spaß!", ruft Leto dem Publikum zu. Bis auf Small-Talk-Publikumsanheizer wie diese redet er kaum, keine Geschichten zu den Songs, keine politischen Statements - aber das sind ja auch auf Partys eher schlechte Gesprächsthemen.
Etwas tiefgründiger wird es dann aber trotzdem, als Leto bei der Aufsteh-Hymne „Do or Die" eine Deutschlandfahne über den Kopf schwingt. Ob das ein politisches Statement sein soll bleibt jedoch offen.
Von Kira von der Brelie Original