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Tschechien: Kampf dem Goldrausch

Zeit.de 120 Tonnen Gold lagern in einem Berg nahe Prag. Ein lukratives Geschäft, wäre da nicht der Protest der Bürger. Sie fürchten, dass der Landstrich verseucht wird.



Der teuerste Berg weit und breit lässt sich auf einem Wanderweg bezwingen, der mit weiß-gelben Zeichen markiert ist. Wer hier hinaufsteigt und oben den Aussichtsturm erklimmt, sieht zu seinen Füßen die Moldau, die hier zu einer majestätischen Windung ansetzt auf ihrem Weg vom Böhmerwald hinein nach Prag. Was nicht zu sehen ist, sind die unvorstellbaren Bodenschätze: Hier, im Gestein unter dem Aussichtsturm, lagern insgesamt 120 Tonnen Gold - es ist eines der größten Vorkommen in ganz Mitteleuropa.

Wenn man mit Jiri Bendl über das Gold spricht, bilden sich auf seinem Gesicht tiefe Sorgenfalten. Er steht am Fuß des Berges im böhmischen Ort Chotilsko, hinter sich das kleine Rathaus, das zum Zentrum des Widerstandes geworden ist, und rings um sich die Zeichen des Protests. "Schauen Sie, das haben wir in den vergangenen Monaten alles auf die Beine gestellt", sagt er und zeigt auf die Plakate, die an jedem Haus hängen. "Stoppt den Goldabbau" steht dort in schwarz auf gelbem Grund, der Slogan ist eingerahmt von Totenkopf-Symbolen. Jiri Bendl ist gut 50 Jahre alt, IT-Experte und besitzt eine gut laufende Firma. Seit fast einem Jahr ist er der Kopf der Initiative, die gegen den böhmischen Goldrausch kämpft.

Das Problem ist, dass das Gold nicht in dicken Klumpen in der Erde lagert, sondern sich in feinsten Adern durch den Felsen zieht. Auf eine Tonne Gestein kommen gerade einmal zwei Gramm Gold. Um an sie heranzukommen, muss der gesamte Berg abgetragen und in winzige Staubpartikel zermahlen werden. Die kommen dann in ein Bad aus Cyanid, mit dem sich das Gold auswaschen lässt - etliche Tausend Tonnen dieser hochgiftigen Chemikalie sind dafür nötig. "Das Gestein, das übrig bleibt, muss in einer Abraumhalde gelagert werden", sagt Tomas Chuman von der renommierten Prager Karls-Universität. "Von ihm geht eine dauerhafte Belastung aus, weil es noch mit Cyanid verseucht ist."

Der hohe Goldpreis lockt Investoren

Die Protestbewegung rund um Jiri Bendl ist zu einem Symbol des neuen Tschechien geworden. Die Bürger lassen nicht mehr alles mit sich machen. Dass nicht nur einige wenige Aktivisten auf die Barrikaden gehen, sondern der Protest aus der Mitte der Gesellschaft kommt, hat es bislang so noch nicht gegeben. Seine Initiative zieht sämtliche Register: Prominente Schauspieler und Musiker hat er für seine Sache gewonnen, auf einer Facebook-Seite postet er täglich die neueste Entwicklung und organisiert gerade ein riesiges Open-Air-Konzert mit landesweit bekannten Bands. "Wir wissen schon länger, dass wir hier neben einem riesigen Goldvorkommen leben", sagt Bendl. "Uns war klar, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand kommt und den Schatz heben will." Jetzt also ist er gekommen, dieser Moment, vor dem sich die Leute in den Dörfern ringsum so lange gefürchtet haben.

Schon in den 1980er Jahren haben die Kommunisten einen riesigen Stollen durch den Berg getrieben, um zu untersuchen, wie ergiebig die Goldvorräte sind. Mit der politischen Wende sind die Abbaupläne erst einmal auf Eis gelegt worden, eine weitere Untersuchung in den 1990er Jahren wurde nicht beendet. "Aber jetzt, wo der Goldpreis so stark gestiegen ist, scheint der Berg wieder interessant zu sein", sagt Jiri Bendl.

Im vergangenen Jahr hat die kanadisch-tschechische Firma Astur Bohemia s.r.o. den Antrag auf Probebohrungen gestellt. "Es fehlen Angaben zu den technischen Möglichkeiten des Abbaus, deshalb müssen wir zuerst einmal die früher begonnenen Untersuchungen abschließen", begründet Olga Bubniková, die tschechische Vertreterin der Firma, im tschechischen Rundfunk den Antrag. Der Haken an der Sache: Wer mit viel Geld geologische Studien betreibt, erwirbt sich damit auch ein bevorzugtes Recht an der anschließenden Förderung. "Wir haben Sorge, dass der jetzige Antrag nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum tatsächlichen Abbau des Goldes ist", sagt Tomas Chuman, der Forscher von der Prager Universität.

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