"Stromberg" kommt ins Kino. Oliver Wnuk über Leid und Segen seiner Figur "Ulf"
Von Kathrin Stangl
Zehn Jahre lang spielte Oliver Wnuk an der Seite von Christoph Maria Herbst in der Comedyserie "Stromberg" den schusseligen Sachbearbeiter Ulf Steinke. Jetzt kommt "Stromberg - Der Film" ins Kino: Das große Finale der Kultserie und gleichzeitig auch das Ende der Capitol-Versicherung. Kein leichter Abschied, doch Oliver Wnuk hat neue Pläne.
Die Welt:
Hat man nicht wahnsinnig Muffensausen, wenn man mit einer Serie - auch wenn sie so erfolgreich ist wie Stromberg - den Sprung auf die große Kinoleinwand wagt? Das könnte ja auch in die Hose gehen.
Oliver Wnuk:
Nein, nein, überhaupt nicht. Wenn wir diesem Format den Sprung auf die Leinwand nicht zugetraut hätten, hätten wir uns nicht vor die Kamera gestellt. Wir haben diesen Film nicht nur um des Kinos willen ins Kino gebracht.
Sondern?
Weil wir von einem möglichen Erfolg des Films überzeugt sind. Die Geschichte ist viel emotionaler als man vielleicht denken würde. Es ist fast schon ein Frauenfilm geworden. Das liegt einfach an den Themen wie Beziehungen, Kinderkriegen etc.. Während die Serie ja eigentlich eher eine männliche Zielgruppe angesprochen hat, wenden wir uns hiermit auch eindeutig dem weiblichen Publikum zu.
Ist der Film nur etwas für Stromberg-Kenner?
Überhaupt nicht. Auch jemand, der die letzten zehn Jahre nicht die Beziehung zwischen Tanja und Ulf Steinke verfolgt hat, versteht die Geschichte des Paares und ihres Ziehsohnes. Man muss die Serie nicht kennen, um in den Film hineinzufinden. Auch so kann man Tränen verdrücken und Spaß haben. Stromberg ist lustig und traurig zugleich.
Es haperte lange an der Finanzierung. Dann die Lösung: Crowdfunding. Ist das die Zukunft für Filme, die sonst am Geld scheitern würden?
Kinofilme zu finanzieren gehört definitiv zum anstrengendsten Teil des Geschäfts. Crowdfunding hat uns die Möglichkeit gegeben, erstmals laut über den Film nachzudenken. Allgemein müssen neue Mittel und Wege gesucht werden, um Filme auch in Zukunft zu finanzieren. Wir haben zehn Jahre lang mit der Serie vorgelegt und hatten eine entsprechend große Fanbase. Aber dass das bei anderen Projekten gleichermaßen funktioniert und es möglich ist, die Masse der kulturell Interessierten dazu zu bewegen, Filme selbst zu finanzieren, wage ich zu bezweifeln.
Sie spielen in der Serie ja den leicht trotteligen Ulf Steinke.
Trottelig? Bitte? Ja ok, das mag sein, dass Ulf auch ein bisschen trottelig ist. Aber gerade in der 5. Staffel war seine Rolle auch sehr emotional und hochdramatisch.
Wie anspruchsvoll ist die Rolle?
Umso normaler eine Figur ist und umso authentischer sie - nur durch ihren pointierten Text - wirken soll, umso schwieriger ist es, diese Rolle zu spielen. Es ist viel leichter, das Publikum zum Weinen zu bringen als zum Lachen. Die Szene lebt nur durch das, was ich als Schauspieler daraus mache.
Gilt das auch für Stromberg?
Bei Stromberg ist das nicht anders. Die Schauspieler müssen oft ein hohes Leid erleben, damit bei den Zuschauern die Schadenfreude erwacht. Stromberg ist manchmal masochistisch, Fremdscham ist eine wichtige Komponente der Serie.
Wie viel hat Ulf Steinke von Oliver Wnuk?
Es gibt nicht einmal den Hauch einer Parallele zwischen Ulf und mir. Seine Form des Denkens ist mir sehr fremd. Manchmal wünsche ich mir allerdings auch, etwas mehr wie Ulf zu sein. Er stolpert über Steine oder kickt sie sportlich aus dem Weg. Ich hingegen drehe jeden Stein mehrmals um und mache mir über alles einen Kopf.
Welche Szenen spielen Sie als Ulf Steinke am liebsten?
Das Liebste sind mir die Monologe in die Kamera, das ist gleichzeitig auch das Anspruchsvollste und davor haben wir Schauspieler den größten Respekt. Man ist allein mit der Kamera und muss seine Figur ganz privat zeigen.
Haben Sie jetzt als Schauspieler den Ulf-Stempel?
Für mich ist das mehr Segen als Fluch. Im Nachhinein wünsche ich mir nur manchmal, ich hätte damals ein Vetorecht auf den Namen Ulf gehabt. Wenn dir jemand auf der Straße "Uuuuuuulf" hinterherbrüllt, ist das suboptimal. Aber er ist auch ein Wegbegleiter, über den ich glücklich bin. Klar, trotzdem stecke ich jetzt schon irgendwie in dieser Schublade Komödie. Das ist nicht so schlimm für mich als Schauspieler, aber als Autor, wenn du ein Buch über Alzheimer oder philosophische Themen schreibst, dann wundert sich der eine oder andere schon. Er sieht ein Buch mit deinem Gesicht im Laden, dreht es um, erwartet etwas Lustiges - und dann ist es ein ernstes Thema.
Was ist das Nächste, das wir von Ihnen sehen werden?
Ich drehe gerade einen ARD-Film, der Weihnachten kommen wird. Und eine ZDF-Komödie ist abgedreht. Außerdem drehe ich dieses Jahr den 3. Film der ZDF-Reihe "Nord Nord Mord" und die "Lottokönige" (3. Staffel). Auch ist die Verfilmung meiner Bücher geplant. Beschäftigungstherapeutisch muss man sich also keine Sorgen um mich machen.
Die 5. Stromberg-Staffel war gleichzeitig die letzte. Gibt es Hoffnung auf ein Revival?
Stromberg ist vorbei. Nach Drehschluss haben wir einmal Fotos vom Kölner Wertstoffhof zugeschickt bekommen. Da wurde gerade das gesamte Mobiliar verschrottet. Die Capitol-Versicherung ist Vergangenheit.
Hinterlassen zehn Jahre Stromberg nicht ein großes Loch?
Ich hatte einen, mich selbst am meisten überraschenden, heftigen Weinkrampf nach dem letzten Take. Mit diesem wunderbaren Ensemble und einem tollen Team sei mir das nach zehn Jahren aber auch vergönnt. Jetzt ist auch gut, die Tränen sind getrocknet. Die Reise geht weiter.