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Apostile

Runter vom Sofa - Raclette

Hallo … halloooo … ? Hm, keiner da. Ich scheine irgendwo zwischen den Jahren verlorengegangen zu sein, dieser gallertartigen Nährlösung, in der Menschen dem Vernehmen nach zwischen Weihnachten und Silvester vor sich hin wabern und wie eine Kuhherde alles in den letzten Tagen vertilgte emsig wiederkäuen. Dabei sind sie gefangen in der absoluten Gewissheit, rein kalorisch betrachtet für mindestens eine Woche vorgesorgt zu haben, dem festen Entschluss, es bis Silvester mal ein bisschen langsamer angehen zu lassen und diesem kleinen, aber doch fein nagenden Hungergefühl, das ein über Weihnachten auf Medizinballgröße angeschwollener Magen eben aussendet, wenn er zehn Minuten nichts zu tun bekommen hat. Aber zum Glück naht die Party des Jahres und mit ihr die Planung der nächsten großen Fresserei. Und trotz aller kulinarischen Errungenschaften der letzten Jahre, trotz aller Fernsehsendungen, Restauranteröffnungen, Kochbüchern und Bloggern, die uns die ganze weite Welt der Aromen und Geschmäcker nur so in den Schoß wirft, kehrt der seltsame Mensch zielgerichtet stets zum langweiligsten, uninspirierendsten aller Gerichte zurück: Raclette. Bei dem das einzige, was mir einleuchtet, der anachronistische Gefallen daran ist, als Gruppe um die Feuerstelle zu sitzen und direkt von dieser weg Speisen in sich hinein zu schaufeln (vgl. Grillen, das). Ich, wir ahnen’s schon, hab jetzt von Haus aus nicht so viel zu tun mit Raclette. Wahrscheinlich liegt hier bereits die erste Crux: Während ich mich auf dem mit allerlei Schälchen voller Dosenmais, Formschinken und Einweckzwiebeln vollgestellten Tisch orientiere und mich zu erinnern versuche, wie das alles gleich wieder ging, haben die anderen bereits die Pfännchen turmhoch belegt, es irgendwie geschafft, diese Machwerke des Speisen-Jenga in den winzigkleinen Bratspalt zu basteln und sich die ersten Portionen Käsekartoffeln am besten direkt in den Schlund zu gießen. Üblicherweise verhält es sich dann so, dass erste Ausfallerscheinungen („BURPS!“) zu beklagen sind, während ich schüchtern Reste von Pilzen und Paprika ins Pfannerl drapiere und überlege, welche Komposition wohl die am besten verträgliche sein könnte. Am Ende ist niemand wirklich satt, aber allen superschlecht (außer mir), von Esstischlampe und Frisur tropft kondensiertes Käsefett und die Wohnung nebst aller Anwesenden riecht, als wäre man unversehens ins Febreze-Testlabor des TÜV Rheinland geraten. Beim Schweizer Original wird übrigens auf das pseudogesunde Gemüsebrimborium verzichtet und man schmilzt sich einfach im Akkord ein Pfund Käse auf die Rippen … Ob vom Esstisch aufs Sofa oder in die Partynacht: Rutscht gut rüber! Umarmt das neue Jahr und bittet es, die Umarmung zu erwidern. Und habt am Montag einen Miracle Morning: Strong! Healthy! And full of Energy!