Dass es „irgendwas mit Kultur“ werden würde, war der gebürtigen Nürnbergerin zwar irgendwie schon zu Schultheaterzeiten klar – es wurde dann allerdings erstmal „irgendwas mit Medien“: Nach dem Studium der Germanistik, Medienwissenschaft und Soziologie arbeitete Schwarm als Journalistin für fränkische Medientitel wie die NN, den Bayerischen Rundfunk oder dpa Nordbayern und verantwortete das Kulturressort der Hersbrucker Zeitung. Bevor die 45-Jährige 2020 Leitung und Programmkoordination des Künstlerhauses übernahm, kuratierte sie ab 2013 die vielfältigen Ausstellungen im Kulturladen Schloss Almoshof und wechselte 2017 zum Südpunkt. Die Leitung des Kulturladens war eine Sache – die andere die Betreuung des Südstadtfestes, für das sie bis heute brennt. Egal was „mit Kultur“: Für Anna Schwarm immer eine Herzenssache, an der sich trotz neuer Heimat im selbstrenovierten, denkmalgeschützten Fachwerkhaus im Herzen der Hersbrucker Altstadt nichts geändert hat.
1. Kleine Pause oder große Auszeit: meinen Ruheort in Nürnberg finde ich hier:
Für eine kleine Pause, wenn ich nachdenklich bin oder um zur Besinnung zu kommen, mache ich gern in der Sebalduskirche Halt. Ich setze mich zum Taufstein unter den Bleiglasfenstern, zünde Kerzen an und denke an Menschen, die mir wichtig sind, aber leider nicht mehr da. Für die große Auszeit bleibe ich eher selten in der Stadt, da zieht es mich raus in die Natur. Die Hersbrucker Schweiz, wo ich lebe, bietet viele grüne Oasen am Wasser, auf felsigen Anhöhen, in Wald und Flur, um die Seele baumeln zu lassen.
2. Nürnberg hat viel Geschichte – aber an diesem Ort hat die Stadt für mich Zukunft: Das Künstlerhaus – für manche immer noch KOMM oder K4 – gehört für mich zu den kulturellen Zukunftsorten für die Stadt. Für mich schon immer ein Ort an dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinandergreifen. Das wird sich auch nach dem Umbau nicht ändern: ein spartenübergreifendes Kulturzentrum mit Gestaltungsspielraum für alle, für Gemeinschaft, zum aktiven Diskurs in gesellschaftlichen und politischen Fragen. Ein Ort für Demokratie, den wir bei all unseren gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen gerade dringend brauchen.
3. Feiern kann ich in Nürnberg besonders gut hier: Nürnberg hat so viele tolle Orte an denen man nach Lust und Laune feiern kann: vom Club Stereo bis zum Hirsch, der Desi bis in den Z-Bau. Ich persönlich bin eher Konzert- als Clubgänger, sitze auch gern einfach nur mit ‘nem Pint Cider im O‘Sheas Biergarten an der Pegnitz. Ein Herzensort zum Feiern ist für mich das Südstadtfest im Annapark: bunt, divers, mit viel Liebe selber gemacht, weit weg von perfekt und immer wieder anders überraschend.
4. Diese Nürnberger „Ecke“ hat es mir besonders angetan: Ich bin ein großer Fan des Ochsen auf der Fleischbrücke. Immer, wenn ich an ihm vorbeilaufe, zwinkere ich dem alten Kerl zu. Das hat familiäre Gründe. Meine Mum erzählte gern, dass ihr Vater meine Großmutter dort zum ersten Mal gesehen und spontan seinen Hut gelüpft und ihr zugenickt hätte. Als sie empört erwiderte, sie ließe sich doch nicht von fremden Männern ansprechen, hat er schelmisch behauptet, er habe doch nur den Ochsen gegrüßt. Kaffee trinken ist sie dann wohl doch mit ihm gegangen, sonst wäre ich ja nicht da.
5. Nürnberg ist für mich Spielwaren, Lebkuchen, Bratwurst, Dürer und … ganz klar: Soziokultur. Die Idee, dass Kultur kein elitäres Privileg sein darf, sondern schlicht für alle da sein muss und nicht nur im Konsumieren, sondern vor allem auch im selber Tun, ist dank Hermann Glaser ein bundesweiter Exportschlager. In Nürnberg ist diese Selbstermächtigung der Stadtgesellschaft nicht nur ihren Kinderschuhen entwachsen, sie ist nach wie vor in einer großen Vielfalt von kommunalen und freien Kulturstätten lebendig, so wie kaum anderswo in Deutschland. Manchmal gelingt es uns leider nicht, diese Vielfalt und das besondere Raumangebot so sichtbar zu machen, wie es berechtigt und nötig wäre. Da haben wir noch Luft nach oben.
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