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Apostile

Die Partykolumne - Wohnungscamping

Habe endlich die Lösung für die aktuelle Ungedulds- und Zwangsentschleunigungsproblematik gefunden. Sie lautet: Tu einfach so, als wärst du im Urlaub! Auf den ersten Blick mag das ähnlich hilfreich wirken wie großmütterliche Liebeskummer-Ratschläge („Du musst dir einfach vorstellen, er wäre tot!“), aber auch die stellen sich ja meistens auf den zweiten Blick als gar nicht mal so doof heraus. Tu ich also mal so, als wär ich im Urlaub. Je länger ich mich mit dem Gedanken anfreunde – man hat ja jetzt Zeit – als desto besserer Kumpel erscheint er mir. Und vor allem als naheliegender. Ums genau zu nehmen, entdecke ich eklatante Parallelen zum herkömmlichen Camping-Urlaub. Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, heißt es, und hat der Camper erst einmal die Zeltstatt wasserwagengerecht aufgeschlagen, so braucht es schon sehr viel Kakophonie, um ihn von dort vor Ablauf der Zeit wieder zu vertreiben. Also: Ortsstatik mit überschaubarem Aktionsradius.


Dann beginnt der Urlaubsalltag, der im Grundtempo gemäßigt daherkommt, man ist ja schließlich nicht auf der Flucht. Und in diesem Alltag prüfe man ungefähr jeden Handgriff und vor allem jeden Weg sehr, sehr eingehend, bevor man kopflosem Aktionismus zum Opfer fällt. Statt in der Nacht das Feierabendbierchen kurzmalwegzubringen, entwickelt man größte Kreativität hinsichtlich günstiger Liegeposition, weil der Weg zur Örtlichkeit ist a) weit, b) dunkel, c) steil und schlimmstenfalls d) Regen – tagsüber gilt das gleiche, nur die Parameter ändern sich nach beispielsweise „Endlich den Platz auf der einzigen Liege gesichert!“, da kann man dann nicht mehr so schnell aufstehen, und dafür wär es eh zu heiß. Um die Bewegungsfrequenz zu minimieren, macht man zu Beginn einer Ruheperiode Masterpläne (Wasser? Buch? Handtuch?), deren generalstabsmäßiger Effizienz denen einer jedweden anderen Handlung in nichts nachsteht.


Man spart Besteck, wo es nur geht, wenn der Weg zum Spülbecken weiter als fünf Meter beträgt, duschen? Och du … siffig wird’s eh wieder, nachher, oder morgen dann halt, wozu also der Aufstand, und während man sich an Tag 1 und 2 noch 17x umzog, stellt man ab Tag 3 fest, dass es sich doch in so einem einzigen, weiten, zum Strandgewand umfunktionierten Nachthemd recht vorzüglich lebt. Das mag für den Außenstehenden nach Verwahrlosung … ja, ähm … riechen, ist aber logischen Gesichtspunkten geschuldet. Also, zusammengefasst: Vorausschauend leben, Bedürfnisse und Funktionen auf das Nötigste reduzieren und, ganz wichtig, immer versuchen, bei erforderlichen Gängen möglichst viel miteinander zu kombinieren. Dann hat man zwar nachher mit dem Spülmittel geduscht und das Geschirr mit dem Morgenmantel abgetrocknet, aber hey – was soll’s. Wir sind ja im Urlaub!


Oder im Wochenende: „Rootsgarden“ (Desi, Brückenstraße), „Sonic Space“ (Mitte, Hallplatz), „Große Schlagernacht“ (Marquee, Klingenhof), „Club Bizarre“ (Ballhaus, ebd.), „Homemade“ (Seltene Erden, Luitpoldstraße), „All in!“ (Stereo, Klaragasse) und am Samstag „Retro Party“ (Parks, Stadtpark), „Take off 90s“ (T90, Flughafen), „Soulnight“ (Zentralcafé, Königstraße), „Dubworxx“ (Nano, ebd.), „Latin.Flavoured.Nightlife“ (Fogon, Klingenhof), „Maximum Rock Night“ (Hirsch, Vogelweiherstraße), „Rigorös“ (Rakete, ebd.), „Ü30“ (Löwensaal, Schmausenbuck) und „Late Night Reggae“ (MUZ, Fürther Straße). Den Part der mit Faszination und Ekel aus der Ferne zu beobachtenden Nachbarcamper übernimmt dankenswerterweise das Privatfernsehen. Auch sonntags.