1 subscription and 4 subscribers
Feature

Durch die Nacht entdeckt: Nürnberg.Pop 2016

Gegen 18 Uhr war’s offiziell: Nürnberg.Pop ist ausverkauft, die Abendkassen geschlossen. Was bei vielen potenziellen Spontanbesuchern für lange Gesichter gesorgt haben mag, bedeutet für die Veranstalter das größtmögliche Lob. Das Konzept von Süddeutschlands größtem Club- und Showcasefestival geht auf. Nürnberg.Pop funktioniert.

Und das beim mittlerweile sechsten Mal besser denn je. Dabei ist im Kern eigentlich nicht viel anders. Rund 50 Bands und 20 Spielstätten. Herumspazieren, Musik entdecken, Musik erleben – fertig. Dann los! Das musikalische Angebot bewegt sich zwischen in der Szene bereits etablierten Namen und Neueinsteigern, denen nicht zuletzt im Rahmen des Projektes „Startschuss@Nürnberg.Pop“ mit Unterstützung der „Initiative Musik“ eine Bühne gegeben wird. Die nutzt beispielsweise mit „Beatfrog“ eine junge Formation aus Nürnberg, die, während sich „El Mago Masin“ durchs Neue Museum schabernackt, die kleine Kneipe Kater Murr vom Türsteher bis zur Wirtin in einen Kollektivtanz befördert, wie es auch am frühen Abend schon „Fatcat“ gemacht haben – vor der Tür des kultigen Nachthungerstillers „WurstDurst“. Neu in diesem Jahr nämlich waren neben der quer durch die Stadt unzählige Vergünstigungen bietenden „Kulturwoche“ mehrere „Free Entry Shows“, die ab dem Nachmittag einen ersten Vorgeschmack auf das boten, was da später in der Nacht ins Haus stand. Oder eher: in die Klarakirche, ins Neue Museum oder in die Blutsgeschwister. So abwechslungsreich die Locations, so breit das musikalische Spektrum: Singer Songwriter wie „The Black Elephant“, 70s Psychedelic Rock’n’Roll wie von „The Same“, Folk Rock Blues bei „Blue Pine Theater“ oder „Lux & Cap Kendricks“, die nicht nur zeigen, wie Hiphop geht, sondern auch, warum sich die Diskothek „Rosi Schulz“ hervorragend eignet als neue Location, die als „Rap-Exclusive“ Stage den Bass einmal unten die Füße hinein- und oben aus dem Scheitel wieder hinauswummern lässt. Nicht weniger bewegende Töne gibt es von „Schlakks“. Während oben im Festsaal des Künstlerhauses „Drangsal“ mit New Wav, unbewegter Miene und vielen radiobekannten Hits den Abend eröffnet, wirbelt unten im Zentralcafé ein junger sprachverknallter Dortmunder im Publikum herum und begeistert selbiges begleitet nur vom Schlagzeug mit klugen Rapsätzen und vollem Körpereinsatz. Beschaulicher, aber nicht minder eindrücklich die Ausstellung „Life is Live“ in der Weinerei. Im Zuge der ebenfalls neuen, stärkeren Verquickung von Musik und Kunst als Bestandteile der Popkultur erklären die Künstler David Häuser und Claudia Holzinger der Nacht die Liebe und setzen dem Pop ein Denkmal auf Plakaten. Eine Hommage auf sich selbst hingegen sind „The Robocop Kraus“, die hiesigen Indie Rocker der 2000er schlechthin: Eigentlich längst aufgelöst, zeigt die Formation zu Ehren des Festivals, dass sie trotz vorzeitigen Ruhestands nichts eingerostet ist. Das freut vor allem und sichtlich die älteren Festsaalbesucher – die jungen nämlich warten auf die Senkrechtstarter „Von Wegen Lisbeth“ mit solch großer Sehnsucht, dass die sich dann in einem großen Glückskonzert entlädt. Und so geht es immer weiter weiter durch die Nacht, die ganz viel Freude vor sich her trägt, die tanzt und lacht und Überraschungen birgt und den Entdeckergeist schürt und die Frage, ob die Stadt vielleicht noch einen zweiten solchen Abend verträgt, nicht anders zu beantworten vermag als mit einem nachdrücklichen: o ja!