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Klimakrise: Dürre von 2018 und 2020 historisch für Europa

Die Dürre-Periode zwischen 2018 und 2020 war historisch für Europa. Foto: dpa

Die Dürre 2018 bis 2020 war die extremste seit 250 Jahren. Die Folge: Deutschlands Böden sind immer noch zu trocken. Doch steht uns diesen Sommer deshalb wieder eine Dürre bevor?


Unerträgliche Hitze, kaputte Ernten, kühle Schwimmbad-Becken: Mit der Dürre 2018 bis 2020 verbindet wohl jeder*r etwas anderes. Forschende des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) verbinden mit der Zeit wohl vor allem eines: erschreckende Zahlen. Die Hitze-Sommer waren laut ihrer Studie historisch einmalig - so extrem wie seit 250 Jahren nicht.


Ihren Daten zufolge habe sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts keine Dürre so großflächig über Europa ausgebreitet - vom Dürrezentrum in Mitteleuropa bis in den Norden nach Skandinavien und im Süden bis ans Mittelmeer.


36 Prozent Europas waren betroffen, insbesondere Länder in Zentraleuropa wie Deutschland, Frankreich und Tschechien. Das mache die Jahre zum neuen Vergleichsmaßstab, stellt der Hauptautor der Studie, Oldrich Rakovec, im Gespräch mit ZDFheute fest.


Dürre 2018-2020: Besonders heiß, lange andauernd und auf großer Fläche

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Dürre hielt auch länger an. Und zwar 33 Monate - von April 2018 bis Dezember 2020. Nur die Trockenheit von 1857 bis 1860 dauerte mit insgesamt 35 Monaten noch etwas länger. Außerdem lagen die Temperaturen in diesen Jahren um 2,8 Grad über dem langjährigen Mittelwert - eine Rekordhitze in den letzten 250 Jahren.


  Die Dürren in der Vergangenheit waren eher kalte Dürren, bei denen sich die durchschnittliche Temperatur kaum veränderte.

Rohini Kumar, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)


Die extreme Hitze sorgte dafür, dass sich die Trockenheit durch hohe Verdunstung weiter verschärfte. Als Folge nahm die Bodenfeuchte so schnell und drastisch ab wie kaum jemals zuvor: "In nur vier Monaten erreichte die Dürre 80 Prozent ihrer maximalen Intensität, nach zehn Monaten war ein historisches Maximum erreicht", so das Team.


Außerdem spannend: Die Rekonstruktion des Forschungsteams bestätigte, dass die vier letzten Sommerdürren in Europa - 1947/1948, 2003/2004, 2015/2016 und 2018-2020 - immer schon im Frühjahr begannen.


Steht Deutschland 2022 wieder ein Dürre-Sommer bevor?

"Was sich in den nächsten Monat abspielen wird, ist schwer abzuschätzen", erklärt ZDF-Wetterexperte Özden Terli. Aber die Temperaturabweichung liege in West- und Mitteleuropa für Juni, Juli und August in Deutschland für diese Monate laut einer Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bei 2 bis 3 Grad mehr als üblich, so Terli.

Das müsse zwar "nicht eine weitere Dürre bedeuten, es ist aber bereits trocken im Norden und Osten Deutschlands". Denn höhere Temperaturen bedeuteten mehr Verdunstung.


  Was gegen eine Dürre wirken könnte, zumindest vorübergehend, wären Gewitter, die allerdings bei höheren Temperaturen auch extremer werden und Starkregen produzieren.

Özden Terli, ZDF-Wetterexperte


"Außerdem fließt das Wasser in so einem Fall eher ab, als dass es in tiefere Schichten einsickert und bringt wiederum kaum Besserung", erklärt ZDF-Wetterexperte Terli.

Auch der DWD kann aktuell auf ZDFheute-Anfrage nicht sagen, ob 2022 wieder eine extreme Dürre-Periode droht. Was aber feststehe: "Momentan sind die Böden in den obersten 60 Zentimetern in weiten Teilen Deutschlands trockener als zu dieser Jahreszeit üblich." Dies betreffe insbesondere die Regionen entlang und westlich des Rheins, Teile Thüringens und des Nordostens.


Welche Folgen haben die Dürren bis heute und zukünftig?

Bis heute wirken die extremen Dürren 2018-2020 nach. "Das Jahr 2021 war zwar etwas feuchter und hat den für die Landwirtschaft wichtigen Oberboden gut mit Wasser versorgt, die Feuchtigkeit ist aber nicht überall bis in größere Tiefen vorgedrungen", so die Forschenden. In den tieferen Bodenschichten sei es daher noch immer zu trocken - und 2022 habe erneut mit einem viel zu trockenen Frühjahr begonnen.


Langfristige, also mehrjährige, Dürreperioden könnten zu einer Erschöpfung der Grundwasserleiter führen. "Das könnte auch die Schäden an Pflanzen und Ökosystemen verstärken und die Häufigkeit von Waldbränden erhöhen", stellt Rekovec fest.


Für die Zukunft nach 2022 sieht es ebenfalls nicht gut aus: Die Forscher*innen simulierten das Ausmaß von Dürren bei ungebremstem und bei gemäßigtem Klimawandel. Das Ergebnis: Selbst bei gemäßigtem Klimawandel könnte die durchschnittliche Dürredauer bis 2100 auf bis zu 100 Monate steigen - das wären acht Jahre Dürre am Stück. 50 Prozent der Fläche Europas könnten dann betroffen sein.


Wesentlich extremer fällt das Szenario bei ungebremstem Klimawandel aus: "Dann könnte die mittlere Dauer einer Dürre mehr als 200 Monate betragen, bis zu 70 Prozent von Europa könnten betroffen sein", so Rekovec.

Weltweit ist die Zahl und die Dauer extremer Trockenperioden seit 2000 um 29 Prozent gestiegen. Laut dem UN-Dürre-Bericht sei dies kein reines Problem unterentwickelter Länder.


Welche Regionen in Deutschland wären in Zukunft vor allem betroffen?

Ganz konkret wären in Zukunft vor allem Regionen mit wenig Niederschlag von Wasserknappheit betroffen, stellt die deutsche Umweltwissenschaftlerin Claudia Pahl-Wostl im Gespräch mit ZDFheute fest. Heißt: der Osten und der Nordosten Deutschlands, aber auch Teile Baden-Württembergs sowie Hessen und Rheinland-Pfalz.

Es sei denkbar, "dass gewisse Landnutzungen nicht mehr möglich sein werden in bestimmten Regionen".


Was können wir aus der Studie lernen?

Dass nun im Nachhinein die Dürre als historisch bezeichnet werde, bestätige den Eindruck von damals, stellt ZDF-Wetterexperte Özden Terli fest. "Meteorologen und Wissenschaftler haben auf die ungewöhnlichen Ereignisse hingewiesen und, dass sie mit der Klimakrise in Verbindung stehen, was sich ja nun bestätigt."


 Je nachdem, wie sich die Klimakrise fortsetzt, abhängig davon, wie wir Menschen uns verhalten, werden Dürren sich deutlich verschärfen.

Özden Terli, ZDF-Wetterexperte


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