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(S+) Diese Krallen haben Klasse

Foto: Ray Tamarra / GC Images / Getty Images

Rita Ora, Serena Williams, Hailey Bieber: Auffällige Nägel haben ihr "Prolo-Image" längst überwunden, detailverliebte Trends erregen viel Aufmerksamkeit. Das sagt auch etwas über neuen Feminismus aus.


Vor vielen Jahren hielt ich an der Supermarkt-Kasse mal den Betrieb auf. Weil ich so fasziniert war von den Nägeln der Kassiererin: Lang, mindestens zwei Zentimeter (das klingt nicht sehr beeindruckend, aber messen Sie mal am eigenen Finger, wie lang zwei Zentimeter sein können). Neon pink. So perfekt geformt, wie kein echter Nagel je sein könnte. Und gepierct. Winzige Ringe baumelten daran, als habe man einer Barbie ihr Bauchnabelpiercing weggenommen und an die Nägel getackert. Fasziniert stammelte ich: »Ihre Nägel sind ja gepierct!« und schob ein vermutlich ziemlich blöd klingendes »Wie toll!« hinterher.


Heute sorgen Piercings an Kunstnägeln nicht mehr dafür, dass wir staunend stammeln. Kim Kardashian trug sie bereits 2017, Rita Ora erschien erst im Mai bei der Met Gala in New York mit langen Nägeln, an denen Piercings und auch noch lange Ketten baumelten. Ist das schön? Geschmackssache. Ist das toll? Absolut! Dieser Aufwand, diese Detailverliebtheit, dieses Kunstwerk auf einer so kleinen Fläche wie einem Fingernagel! Ob die eigenen Nägel gefeilt, lackiert und verziert oder Nägel aus Gel oder Acryl modelliert werden: Kunstvolle Krallen sind allgegenwärtig. Vor allem die spitz zulaufende lange Version scheint jetzt als Accessoire ebenso dazu zu gehören wie eine It-Bag.


Dabei tragen Nail Art, wie wir sie heute kennen, Schwarze Frauen vor allem in den USA seit Jahrzehnten – und wurden dafür lange auch verspottet, so das Onlinemagazin „Refinery29“. Zwar schafften Kunstkrallen es an den Händen des afro-amerikanischen Models Donyae Coles 1966 aufs Cover des „Twen Magazine“ und dank Diana Ross und Donna Summer auf die Bühne, aber als „high fashion“ sah man sie damals nicht, heißt es in „The Zoe Report“. Als eine Nail-Art-Pionierin gilt Florence Griffith-Joyner. 1988 stellte sie bei den Olympischen Spielen Weltrekorde auf – und mit, bis zu 16 Zentimeter langen Kunstnägeln bis dato geltende Dresscodes für Leichtathletinnen infrage. Später sorgte Tennis-Ikone Serena Williams mit Nail Art auf dem Platz für Aufsehen und Begeisterung. So, wie Sportler den Tattoos einen Popularitätsschub gaben, taten es Sportlerinnen bei der Nagelkunst.


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