Es sind schier unglaubliche Dimensionen: Der größte tropische Regenwald der Welt, der Amazonas, erstreckt sich über acht Länder, beherbergt 60 Prozent der Tropenwälder der Welt, 20 Prozent aller Süßwasserreserven und zehn Prozent der gesamten Biodiversität. Wie kann man diese Vielfalt schützen und gleichzeitig von den gewaltigen Ressourcen profitieren, die ein solcher Ort liefert? Der Politikwissenschaftler, Autor und Gründer des brasilianischen Thinktanks „Igarapé Institute" Robert Muggah ist für das Humanities Festival des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. Dort spricht er über das Potential von Bioökonomie und die Bedeutung des Amazonas für uns alle. Der Falter hat ihn im Vorfeld getroffen.
Falter: Herr Muggah, Sie haben in den letzten Jahren an allen möglichen Themen gearbeitet, von Städtewachstum bis hin zu Sicherheitsfragen. Warum konzentrieren Sie sich jetzt auf den Amazonas?
Robert Muggah: Ich habe versucht, globale Megatrends zu verstehen, und meinen Fokus für mein Buch „Atlas der Zukunft" auf jene gelegt, die unaufhaltsam sind, wie die digitale Transformation und den Klimawandel. Ich lebte gerade in Brasilien und beim Schreiben wurde mir klar, dass viele dieser Trends im Amazonas zusammenlaufen. Er ist grundlegend mit der Globalisierung verbunden. Wir finden dort seltene Erden wie Nickel, Lithium, Gold, aber auch große Anbaugebiete für Soja, Rinder, Zucker, Holz. Wir sehen, dass die Leute den Amazonas als dieses riesige, unberührte Gebiet betrachten, aber tatsächlich ist er seit Tausenden von Jahren bewohnt. Die Migration nimmt zu, weil die Jagd nach Ressourcen zunimmt. Dadurch wurde vor allem Brasilien auch zu einem der gewalttätigsten Orte der Welt.