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Feature

Vom Neonazi-Anführer zum Vorzeige-Aussteiger

Tagesspiegel -

Die Nazi-Tattoos hat Maik Scheffler übermalen lassen, alte Freunde wurden zu Feinden. Seine Schuld lässt er nicht leicht zurück.

Er war ein Anführer. Ein Anruf und sie waren da. Seine Kameraden, seine kleine Armee, „mein Fußvolk“, wie er sagt. Demonstrieren, Plakate kleben, Stunk machen, den politischen Gegner einschüchtern. Nein, Maik Scheffler war kein kleiner Nazi vom Dorf.

Er war eine große Nummer, in Sachsen und darüber hinaus. Er ging nicht auf Demonstrationen, er organisierte sie. Er besuchte keine Skinheadkonzerte, er plante sie. Er bestellte keine rechtsradikalen CDs oder T-Shirts, er stellte sie selber her und versandte sie. Er ging in keine Neonazi-Szenekneipen, er betrieb selber eine. Wenn er hinter dem Mikrofon und auf der Bühne stand, brüllte er und nannte seine Gegner „Untermenschen“ oder „Minus-Seele“.

„Und ich meinte jedes Wort genau so“, sagt er heute. 17, 18 Jahre lang war die Neonaziszene sein Beruf, sein Leben. Heute ist Maik Scheffler 46 Jahre alt und hat eine 180-Grad-Wende hinter sich. Er hat sich losgesagt, ist ausgestiegen. Es war ein harter langer Weg, für den er eine Menge Mut brauchte. Mut, sich den eigenen Abgründen zu stellen und sich mit denjenigen auseinandersetzen, die er früher bekämpft hatte. Heute sagt er: „Ich sehe mich als Teil dieser demokratischen Gesellschaft.“