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Flüchtlingshelfer beschuldigt BVG-Busfahrer des Rassismus

Majdi Laktinahs Heimweg am Montagmittag läuft anders als geplant. Der syrisch-griechische Fotokünstler arbeitet in einem Heim für Geflüchtete in Buch. An diesem Tag hat der 32-Jährige schon mittags Feierabend und tritt gegen 14 Uhr den Weg nach Hause an.

Dann wird er in einem BVG-Bus der Linie 154 laut eigener Aussage zum Opfer eines mutmaßlich rassistischen Übergriffs. Seine Erfahrungen schildert Laktinah auf seinem Instagram-Account, der entsprechende Post wurde mittlerweile über 12.000-mal gelikt und hundertfach geteilt. Demnach sei der Flüchtlingshelfer im Bus aus Versehen eine Station zu weit gefahren und landete gemeinsam mit dem Busfahrer im Depot. Laut dem Instagram-Post hätte der BVG-Mitarbeiter Laktinah den Ausstieg aus dem geschlossenen Bus verwehrt und ihn als „Idioten" bezeichnet. Außerdem soll sich der Fahrer rassistisch geäußert haben - der Satz „Dein Volk macht immer Probleme" und das Wort „Islamist" sollen in dem Zusammenhang gefallen sein.

Als der Künstler damit droht, die Polizei rufen, öffnet der Fahrer schließlich die Türen und will sich vom Bus entfernen, sagt Laktinah. Der 32-Jährige bittet den Fahrer, auf die Polizei zu warten. Daraufhin stößt dieser dem Syrer seinen Ellenbogen gegen den Brustkorb. Laktinah fällt zu Boden.

Auch die hinzugerufene Streife wird in dem Instagram-Beitrag beschuldigt, nicht angemessen reagiert zu haben. So sollen die Polizisten dem Künstler von einer Anzeige abgeraten haben, da es sich bei dem Wort „Islamist" um keine Beleidigung handle. Außerdem habe einer der Polizisten den von Laktinah geschilderten Übergriff des Busfahrers als „Selbstverteidigung" abgetan, sagt der 32-jährige Syrer.

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Sowohl Polizei als auch die Berliner Verkehrsbetriebe haben Kenntnis über den Vorfall. Eine Sprecherin der BVG teilte dem Tagesspiegel mit, dass man die Vorwürfe „sehr ernst nehme" und man in Kontakt mit dem betreffenden Mitarbeiter sei.

„Es wird auch geprüft, ob das Video-Material im Bus verwertbar ist", sagte die Sprecherin. Allerdings ist unklar, ob der vom Künstler geschilderte Übergriff auf darauf zu sehen ist, da der Stoß des Busfahrers sich vor dem Wagen abgespielt haben soll.

Bereits auf Instagram hatte das Social-Media-Team der BVG reagiert, nachdem Hunderte User unter Laktinahs Post den Account der Verkehrsgesellschaft markiert hatten. In einem Kommentar wird der Künstler über den BVG-Account darum gebeten, eine offizielle Beschwerde auf der Website einzureichen. Außerdem solle er bei der Polizei Anzeige erstatten.

Busfahrer erklärt, er sei weggeschubst worden

Die Anzeige ist bei der Polizei offenbar eingegangen. Laut einem Polizeisprecher wurde gegen den Busfahrer ein Strafermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Beleidigung eingeleitet. Allerdings steht in diesem Fall Aussage gegen Aussage. Der BVG-Mitarbeiter hätte bei den zuständigen Beamten die Aussage gemacht, dass er sich von Laktinah bedrängt gefühlt und ihn mehrmals dazu angehalten habe, Abstand zu wahren, teilte die Pressestelle dem Tagesspiegel mit.

Als der 32-Jährige dem nicht nachgekommen sei, hätte der Busfahrer ihn nach eigener Aussage „weggeschubst". Zu dem Vorwurf, dass die eigenen Einsatzkräfte den Vorfall vor Ort nicht ernst genommen hätten und von einer Anzeige abgeraten haben sollen, wollte sich die Pressestelle der Polizei nicht äußern. Dem Vorwurf würde aber „selbstverständlich nachgegangen", sagte der Sprecher.

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Währenddessen haben sich unter Laktinahs Instagram-Beitrag mittlerweile fast tausend Kommentare angesammelt. Unter den Kommentatoren befindet sich auch der Account der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Diese bittet darum, dass sich der Syrer bei der Berliner Ombudsstelle für Diskriminierung meldet. Andere User sprechen von einem „schrecklichen" oder „unvorstellbaren" Vorfall.

In seinem Beitrag ruft Laktinah all jene dazu auf, die selbst schon einmal Opfer von Rassismus geworden sind, ihn zu unterstützen. Der Beitrag endet mit dem Satz: „Ich weiß auch, dass man von der Polizei vielleicht nicht erwarten kann, dass sie Gerechtigkeit wahrt, aber wen sollen wir sonst rufen?"

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