Die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg ist geräumt worden. Gewonnen hat dabei keiner, meint Julius Betschka.
Die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg ist leer
Nach fünf Jahren Besetzung wurde die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg geräumt. Die letzten Besetzer waren schon am Mittwochabend ausgezogen. In dem Gebäude soll jetzt ein offizielles Flüchtlingszentrum eingerichtet werden.
Ein Theaterstück. Und die Frage: Wem gehört die Gerhart-Hauptmann-Schule? Mehr als fünf Jahre lang haben Flüchtlinge, Aktivisten, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und der Berliner Senat darum gestritten, wer das Recht hat, die Schule zu nutzen. Fünf Millionen Euro hat die Besetzung wohl gekostet, auch weil ein Wachschutz die Bewohner beaufsichtigte. Die Schule selbst wurde heruntergewirtschaftet - nicht nur als Bauwerk, sondern auch als politisches Symbol.
Am Donnerstag wurde nun geräumt. Friedlich. Zum Glück. Bezirk und Senat hatten einen Deal mit den Flüchtlingen ausgehandelt: Wenn sie die Schule verlassen, dürfen sie Härtefallanträge stellen, bekommen so lange eine Unterkunft, bis eine Entscheidung über ihren Asylstatus fällt. Richtig, um erneute Kreuzberger Chaostage zu vermeiden. Wie 2014, als schon einmal geräumt werden sollte, Hunderte Aktivisten aber die Schule belagerten.
Gewonnen hat in diesem Konflikt trotzdem niemand. Die Besetzer, die jahrelang für eine sichere Bleibeperspektive stritten, kommen in das reguläre Asylsystem - wie jeder andere auch. Das hätten sie früher haben können. Einige ihrer Unterstützer haben jede Glaubwürdigkeit verspielt. Sie nahmen katastrophale Zustände in Kauf, während ihre politischen Ideale zum Selbstzweck verkamen. Haben Chaos verursacht, wo ein kühler Kopf angebracht gewesen wäre. "Naiv", sei man gewesen, hatte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) kürzlich gesagt. Fahrlässig war, wie Ex-Innensenator Frank Henkel (CDU) versuchte, den Bezirk bloßzustellen, indem er ihn auf dem Problem sitzen ließ.
Alle Beteiligten haben das politische Theater um die Schule zu lange mitgespielt. Gut, dass nun der politische Wille bestand, den Ausnahmezustand zu beenden. Politik soll nicht Theater sein. Sie soll konkrete Probleme lösen.
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