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Über die optimale Lagerung von Spirituosen im Sommer

Ob selbst abgefüllt oder nicht, ob Whisky oder Weinbrand, wert, dass mühevoll Gebrautes und Gebranntes unbeschadet durch den Sommer kommt, ist es allemal. So fordern flüssige Kostbarkeiten doch nach ein paar feste Regeln - schön wär´s.

Allerdings hängen diese von ein paar Dingen ab. Unter anderem etwa, wer die Regeln aufstellt. Zwei Fachmänner unterschiedlicher Fächer sind sich da nur in mancherlei Hinsicht einig. So setzt der Schöppinger Feinbrenner Rüdiger Sasse etwa auf die natürliche Nachreifung seiner Brände nach der Abfüllung. Geschäftsführer des Fachhandels „ Whisky & Cigars " Eugen Kasparek hingegen, schließt jedweden Alterungsprozess bei der optimalen Lagerung seines Whiskys aus. Die Aussichten auf die objektiv richtigen Regeln scheinen schlecht.


Kein Sommer im Keller

Aber wieso sollte die Lagerung im Sommer sich von der im Winter überhaupt unterscheiden? Schließlich ist es in den meisten Kellern so gut wie immer dunkel, kalt und modrig. Und für den Kalender interessieren sich Spirituosen bekanntlich nicht. Für Temperaturen jedoch umso mehr. Brenner Sasse, beispielsweise, nimmt den Begriff des „Naturprodukts" ganz genau: „Unsere Destillate werden dem Jahresverlauf angepasst, da nehmen wir jede Naturschwankung mit." Für manche Brände sei es gar nicht verkehrt, den bei sich ändernder Temperatur erhöhten Sauerstoffaustausch zu nutzen - kontrolliert, allerdings.

Nicht ohne Grund werden mancherorts in Lagerräumen Temperaturen von bis zu 40 Grad erzeugt; auch mancher Rum lagert an karibischen Stränden, wobei durch die wärmende Sonne zusätzliche Noten von Kokos und Vanille entstehen. Aber künstlich herstellen, was die Natur natürlich kann? Ja - denn jedes Destillat hat andere Vorlieben. Und das macht die Angelegenheit komplexer als das Wetter launisch ist. „Schottischer Single Malt Whisky", so erzählt Kasparek, „wird in einer relativ kühlen Region ausgebaut und dies spiegelt sich in der Lagerung von Whisky wieder: Erworbene Flaschen sollten, gerade wenn man sie über längere Zeit aufbewahren möchte, im besten Fall dunkel und in kühlen Temperaturen gelagert werden." Das klingt doch endlich nach einer Faustregel - weit gefehlt.

Eine 12-jährige Abfüllung aus den 60er Jahren bleibt eine 12-jährige Abfüllung

Denn während Sasse fester Überzeugung ist, auch ohne Austausch von Sauerstoff - also nach Fassreifung, Abfüllung und Verkorkung - gäbe es diverse Prozesse, die auch weiterhin funktionierten, ist für Kasparek wenig daran zu rütteln: „Eine 12-jährige Abfüllung aus den 60er Jahren ist auch heute eine 12-jährige Abfüllung." So gesehen, müsste zunächst einmal geklärt werden, ob Destillate nach der Abfüllung überhaupt weiter zu altern imstande sind. Denn zumindest mit Whisky, ist sich Kasparek sicher, passiere nach der Fassreifung nichts mehr. Bei dieser wiederum, sei der sommerliche Einfluss ganz enorm. Und hier besteht Einigkeit: Sommerliche Temperaturen beschleunigen die Reaktion des Destillats mit seinem Behältnis - im Optimalfall also im Zuge der Reifung im Holzfass. Weniger gut sieht es da mit Kunststoffgefäßen aus, da Alkohol Stoffe aus dem Kunststoff löst, die den Geschmack negativ manipulieren.


Korn, als klares Destillat, schmeckt bei der zu warmen Lagerung beispielsweise besonders schlecht - „zwischen 15 und 18 Grad genügen," so Sasse. Beim Whisky ist die Spanne von 12 und 20 Grad großzügiger. Ist es also wirklich unmöglich, ein paar unumstößliche Gesetze festzumachen, die für das flüssige Gros von Gebranntem für seine sommerliche Lagerung gilt? Aber nein - an ein paar Dingen halten auch die Profis einhellig fest: geöffnete Flaschen müssen ordentlich verschlossen werden, Sonnenlicht ist schlecht, zu viel Hitze auch. Ob auch ausgebildeten Geistern einmal ein Lager-Faut-Pas passiert? Kasparek nicht. Und, der Regelhaftigkeit halber, sei nur am Rande erwähnt, dass Sasse einst eine zu kalte Lagerung zu beklagen hatte und vor der nächsten Ausnahme schnell einen Punkt gesetzt hat.

Photo credit: Fass via Shutterstock

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