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Chirurg muss nach Todesfall ins Gefängnis

Mosbach - Es waren wohl dramatische Szenen, die sich im Juli 2012 in einem Krankenhaus in Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis) abspielen. Einer 30-jährigen Frau sollen ein Tumor am Dickdarm und Gewebeproben von Tochtergeschwülsten in der Leber entnommen werden. Nach Komplikationen wird ihr jedoch die Hälfte der Leber herausgeschnitten. Statt der geplanten 100 Minuten dauert die Operation fast den ganzen Tag. Als sie am nächsten Morgen in das Universitätsklinikum nach Mannheim verlegt wird, kommt jede Hilfe zu spät - sie stirbt wenige Tage später.

Am Freitag musste sich der Arzt, der für den Eingriff verantwortlich ist, vor dem Landgericht Mosbach verantworten. Er wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einem minderschweren Fall zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.

"Wir hatten eine Märchenstunde. Der Angeklagte hat seine Angaben mehrfach angepasst, weshalb wir ihm nicht glauben konnten", erklärte Alexander Ganter in seiner Urteilsbegründung. In Richtung des Angeklagten sagte er: "Sie hätten die Blutungen stillen und die Frau in ein dafür ausgestattetes Krankenhaus verlegen können. Stattdessen haben sie einfach weitergemacht. Und dann haben sie den Angehörigen erzählt, es wäre alles gut, obwohl sie wusste, in welchem kritischen Zustand sich die Frau befindet."

"Ich bedauere den Operationsverlauf zutiefst", beteuerte der 58-Jährige zu Beginn der Verhandlung. Nach eigenen Angaben arbeite er mittlerweile nicht mehr in dem Krankenhaus in Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis), er habe sich arbeitslos gemeldet.

"Wir haben über eine Tragödie verhandelt, vor allem weil sie nicht hätte passieren müssen", fasste Oberstaatsanwalt Franz-Josef Heering am Ende des Prozesses zusammen. In der Anklage warf er dem Arzt "verschiedene grobe, nicht nachvollziehbare Fehler" und "Verstöße gegen die Regeln ärztlicher Kunst" vor. Während der Verhandlung wurden mehr als zehn Zeugen gehört, unter ihnen nahe Angehörige der Patientin aber auch Krankenhauspersonal, welches während der Operation eingesetzt wurde. Eine Zeugin schilderte, dass die Situation während der Operation "sehr stressig für alle Beteiligten" war.

Der Sachverständige Professor Christoph-Thomas Germer warf dem ehemaligen Chefarzt fachliche Mängel vor: "Die Versorgung war nicht adäquat. Die Versäumnisse während der Operation sind der Grund für den Tod der jungen Frau durch Multi-Organ-Versagen."

Die Eltern und der Ehemann der verstorbenen Frau traten als Nebenkläger auf. Der Tod der Tochter bedeute für die Eltern einen schweren Einschnitt, beide können nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen. Dies geht aus einem Bericht hervor, der während des Verfahrens verlesen wurde. Ihr Anwalt bemängelte in seinem Schlusswort vor allem das Verhalten des Angeklagten: "Die Operation hatte für die Familie ungeheure Folgen, dennoch fehlt bis heute eine Entschuldigung."

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