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"Metropolink"-Festival: Welchen Stellenwert hat urbane Kunst in Heidelberg?

Das Hotel Metropol, auf das der Basler Künstler Adrian Falkner ein buntes Tarnmuster malte, ist ein Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum - und bisher das prominenteste Projekt des Festivals "Metropolink". Foto: Rothe

Einer der Hauptfeinde der Kunst im öffentlichen Raum ist die Bürokratie - Diskussion beim aktuell laufenden "Festival Metropolink"

Heidelberg - Die ganze Stadt als Leinwand, das ist das Konzept von Urban oder Street Art. Stromkästen, Litfaßsäulen und Häuserfassaden werden so zu Kunstwerken im Stadtbild. Was die Künstler dieser Gattung auf Straßen, Plätzen und in Parks machen, ist aber nicht illegal. Vor jeder Skulptur oder jedem Graffiti ist ein bürokratischer Kraftakt notwenig. Welchen Stellenwert urbane Kunst in Heidelberg hat, war das Thema eines Symposiums im Rahmen des Festivals "Metropolink".

"Wenn die Leute Street Art hören, dann assoziieren sie damit Schmierereien und Ärger. Da muss man Überzeugungsarbeit leisten", sagte Daniel Thouw, einer der Organisatoren des Kunstfestivals. Jeder, der im öffentlichen Raum etwas gestalten wolle, habe damit zu kämpfen. Für die Künstler sei diese Situation nicht einfach. Einerseits wollen sie sich selbst verwirklichen, andererseits darf es nicht zu ausgefallen sein, da sonst die Ämter nicht mitspielen. "Durch viele Vorlagen ist man sehr stark eingeschränkt. Aber lieber ein künstlerisches Gestaltungsprojekt als gar nichts", so Thouw.

Wissenschafts- und Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) plädierte für niedrigere Hürden der städtischen Ämter: "Oft erlaubt es unsere deutsche Gründlichkeit nicht, die hohen Standards und vielen Regelwerke einmal beiseitezulegen. Wir brauchen den Mut, einfacher zu werden." Was im öffentlichen Raum gemacht werden darf und was nicht, entscheidet in Heidelberg das Kulturamt. "Seit 2010 gibt es ein Positionspapier, wie die Qualität von Kunst im öffentlichen Raum bewertet wird", erklärt Andrea Edel, Leiterin des Kulturamts. Laut Edel geht es darin aber um Ankäufe und Ausschreibungen, nicht um Projekte wie "Metropolink". "Mein Vorschlag ist, ein Symposium zu veranstalten und diese Leitlinien zu überarbeiten."

"In Heidelberg gibt es viele spannende Menschen, das ist ein internationales Kommen und Gehen. Aber im öffentlichen Raum ist das nicht präsent", bemängelt Theresia Bauer. Es gäbe viele Plätze, die schlecht genutzt seien und wo man experimentieren könne. Auf einen dieser Plätze haben die Teilnehmer der Diskussion freie Sicht: das ehemalige Hotel Metropol. Fast eine Woche arbeitete der Basler Künstler Adrian Falkner an der heruntergekommenen Fassade. Er ist einer der besten Graffitikünstler Europas, in der Szene bekannt unter dem Namen "Smash 137".

"An der Wand habe ich mit einem Flecktarn-Muster gearbeitet. Damit bricht man normalerweise Kanten, um unsichtbar zu werden", so Falkner. Statt Grün- oder Brauntönen zur Tarnung habe er aber Signalfarben verwendet. Das habe auch damit zu tun, dass in dem Gebäude Flüchtlinge untergebracht seien. "Ich wollte, dass man einen Blick auf das Gebäude wirft und über das Thema Flüchtlinge spricht." Ministerin Theresia Bauer gefällt die Botschaft des Werks: "Einen Hingucker dort zu produzieren, wo Flüchtlinge wohnen, ist enorm wichtig. Das ist Willkommenskultur."

Neben den zehn Wänden werden bis Anfang Oktober auch 30 Stromkästen und einige Litfaßsäulen von Künstlern des Projekts gestaltet. "Das soll keine einmalige Sache sein, wir wollen das Festival etablieren", so Organisator Pascal Baumgärtner. Sein Ziel ist, "einmal andere Fotos von Heidelberg zu sehen als Schloss oder Brücke." Auch Kompagnon Thouw hat Ideen für die Zukunft: "Zu Urban Art gehören auch Theater, Musik und Poetry-Slam. Zukünftig haben wir die Chance, Heidelberg während des Festivals in einen Kreativzirkus zu verwandeln."

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