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Ausstieg aus Klimaabkommen: Die bittere Niederlage des moderaten Trump-Lagers

Als Donald Trump am Donnerstagabend im Rosengarten des Weißen Hauses den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verkündete, ließen sich seine Tochter Ivanka Trump und ihr Ehemann Jared Kushner entschuldigen. Sie sollen eine Synagoge besucht haben, um dort das jüdische Wochenfest Schawuot zu feiern. Wie ein Insider dem Online-Magazin „Politico" verriet, habe der Besuch jedoch bereits am Morgen stattgefunden, Ivanka sei mit den Kindern dann zu Hause geblieben, Kushner ins Büro gegangen.

Für die beiden bedeutet Trumps Entscheidung, sich aus dem historischen Klimavertrag von 2015 zurückzuziehen, eine schwere Niederlage. Mit diesem Abkommen hatten sich 195 Staaten dazu bereit erklärt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Das Paar hatte zuvor alles versucht, um den Ausstieg zu verhindern. Wie „Politico" schreibt, hatte Ivanka Trump, auch mit Hilfe des Außenministers Rex Tillerson, in den vergangenen Monaten immer wieder Verfechter des Klimaabkommens ins Weiße Haus eingeladen, unter anderem den Apple-Chef Tim Cook, den ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore und den Schauspieler Leonardo Di Caprio. Von Di Caprio habe sie sich die DVD seiner Dokumentation „Before the Flood" über den Klimawandel geben lassen, die sie an ihren Vater Donald weiterreichte.

In einem Bericht der „New York Times" heißt es, das Ehepaar Trump/ Kushner und Außenminister Tillerson kämpften im Weißen Haus an vorderster Front für einen Verbleib im Abkommen. Sie sollen vor Trump immer wieder betont haben, dass ein Ausstieg Amerikas Glaubwürdigkeit auch bei anderen außenpolitischen Themen und die Beziehung zu Verbündeten fundamental gefährden würde. Offenbar schienen Ivankas Interventionen auch zu wirken, denn Donald Trump erwog wohl kurzzeitig, das Abkommen doch nicht zu revidieren.

„Ich höre dazu von sehr vielen Leuten"

Dann schalteten sich allerdings die Hardliner und Klimaskeptiker im Weißen Haus ein. Trumps Chef-Berater Stephen Bannon und Scott Pruitt, Vorsitzender der Umweltschutzbehörde EPA, wirkten auf den amerikanischen Präsidenten ein: Er solle sich nicht von den „New Yorkern" beeinflussen lassen. „Die New Yorker" - so nennen die erzkonservativen Republikaner abfällig Ivanka Trump und Jared Kushner, von Bannon und Konsorten als weltfremde „Yuppies" belächelt, die bloß versuchten, die Welt zu verbessern. „Präsident Trump wird in seiner Meinung zum Klimawandel nicht wanken - egal, was Ivanka sagt", schreibt etwa der Bannon nahestehende Kolumnist James Delingpole in einem Beitrag auf der rechtskonservativen Plattform „Breitbart News".

Beide Seiten versuchten fortwährend, den Präsidenten von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Erst am Mittwoch beklagte sich Trump bei Reportern des Weißen Hauses, die ihn nach dem Abkommen fragten: „Ich höre dazu von sehr vielen Leuten - von beiden Seiten, beiden Seiten", so Trump.

Als Bannons Umfeld den Präsidenten auf ihre Seite gezogen zu haben schien, starteten Ivanka und ihr Mann einen finalen Versuch, das Ausscheiden aus dem Vertrag doch noch abzuwenden: Ein Kompromiss sollte her. Die Vereinigten Staaten könnten den Vertrag fortbestehen lassen, dafür aber viele der fakultativen Vereinbarungen aufkündigen, schlug das Paar vor; etwa jene, die noch unter der Ägide Barack Obamas ausgehandelt worden waren, um die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren. Doch Steven Bannon und Scott Pruitt triumphierten. Als Trump seine Entscheidung im Rosengarten des Weißen Hauses verkündete, saß Bannon in der ersten Reihe in der gleißenden Sonne mit verschränkten Armen - und schien mit sich zufrieden.

© Reuters Mit sich zufrieden: Stephen Bannon im Rosengarten des Weißen Hauses bei der Verkündung von Trumps Entscheidung

Für ihn bedeutet Trumps Entscheidung nicht nur das Ende des so verhassten Klimavertrags, sondern auch ein wichtiger Etappensieg im internen Machtkampf zwischen ultrakonservativen Kräften und moderaten. Lange Zeit hatte man den Eindruck, die Gemäßigten unter Federführung von Ivanka Trump und Jared Kushner könnten Bannons Einfluss zunichte machen. Erst flog er aus dem Nationalen Sicherheitsrat - wie „Politico" berichtet, soll Kushner an dem Rauswurf maßgeblich beteiligt gewesen sein.

Die „New York Times" schreibt, dass Bannon dann sogar erwogen habe, sich aus dem politischen Tagesgeschäft komplett zurückzuziehen, nachdem er eine weitere empfindliche Niederlage bei seinem Lieblingsprojekt verkraften musste: das von Bundesgerichten gestoppte Einreiseverbot von Muslimen. Auch vor persönlichen Anfeindungen schreckte Bannon nicht zurück und bezeichnete Trumps Schwiegersohn nach Angaben der Website „The Daily Beast" als „Globalisten" und „Cuck", eine Abkürzung für „Cuckservative." Mit diesem verbreiteten Schimpfwort werden Konservative bezeichnet, die nur vorgeben, konservativ zu sein.

Enttäuschung bei den Demokraten

Es könnte sein, dass Stephan Bannon, ehemaliger Herausgeber der rechtskonservativen Nachrichtenplattform „Breitbart News", nun wieder die Oberhand im Weißen Haus hat. Der Versuch von Trumps Tochter und ihrem Ehemann, mäßigend auf den Präsidenten einzuwirken, scheiterten. Vor allem Demokraten verbanden mit dem Paar die große Hoffnung, dass sie mit ihrem Einfluss Donald Trump bändigen und von seinen radikalen Positionen aus dem Wahlkampf abbringen könnten. Diese Hoffnungen sind nun Skeptizismus gewichen - auch mit Blick auf andere Vorhaben, die Ivanka Trump noch bei ihrem Vater durchsetzen will.

„Sie sagt, sie will die Frauenrechte stärken", so die die Demokratin Hilary Rosen. „Wenn die Finanzierung der 'Planned Parenthood' endet und Millionen von Frauen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen ohne Krankenversicherung dastehen, dann ist ihr Einfluss offenbar doch nicht so groß."

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Auch wenn Ivanka Trump enttäuscht über die Entscheidung ihre Vaters sein mag, zeigt sie es nicht. Sie schweigt zu der Pressekonferenz am Donnerstagabend. Freunde des Ehepaares beklagen regelmäßig, dass die Öffentlichkeit zu viel von den beiden erwarte und ihren Einfluss auf Trump überschätze. In einem seltenen Interview bestätigte Ivanka Trump das - und gab sich dabei keinen Illusionen hin: „Ich kann nur hoffen, dass ich einen positiven Einfluss auf meinen Vater habe. Aber ich respektiere, dass er immer nur zuhört. So war er im Geschäft. So ist er als Präsident."

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