Der „Dicke Pitter" läutet zum zwölften Mal. In den umliegenden Souvenirshops ist die Miniatur des Kölner Doms ein beliebtes Mitbringsel. Doch setzt man nur einen Fuß vor die Ladentür, so sieht man den wohl größten Schatz der Stadt live und in Farbe im Takt des Uhrenschlags schwanken. Köln ist eine Stadt der Gegensätze. Moderne Kunst trifft auf antike Architektur. Einen Kontrast zum rustikalen Wahrzeichen bildet das Museum Ludwig. Das erste Gesicht, in das man beim Eintritt ins Foyer blickt, ist das des 27-jährigen Kunstgeschichtsstudenten. Erec Gellautz sitzt an der Infostelle neben der Museumskasse und beantwortet Besuchern Fragen.
Schon beim Betreten des Museums weht einem ein frischer Wind ins Gesicht. Hell belichtete Wände und eine lebhafte Atmosphäre führen geradeaus zu Erec Gellautz. Er trägt einen blauen Pullover mit Jeans kombiniert und wartet lässig auf wissbegierige Museumsgäste.
Neben Sammlungen von Andy Warhol, Picasso und Haubrich stellt das Museum Ludwig monatlich Künstler vor. Momentan unterstützen sie den jungen Deutschen Andreas Fischer und seine bis Ende März laufende Ausstellung „Your time is my Rolex". Sie gibt humorvoll und kritisch Aktionen von Maschinen wieder, die aus Alltagsgegenständen vom Künstler zusammengebaut wurden. „In der Ausstellung gibt es eine Konstruktion einer Flagge, die verzweifelt versucht eine acht zu wehen, es will aber einfach nicht funktionieren. Das spricht uns an, denn heutzutage vertrauen wir fast blind auf die Technik. Man sollte sich Fragen, ob das gut ist", findet Erec. Fischers erste große Ausstellung begeistert den jungen Kunstgeschichtsstudenten. Das Publikum sei nicht mehr so international wie noch vor ein paar Wochen bei Hockney, jedoch lohne sie sich mindestens genauso.
Das Museum Ludwig bietet außerdem poetische Themen und die allzeit beliebte Pop-Art. Ein Treffpunkt für alt und jung - klassisch und modern. Jugendliche rufen im Vorbeigehen: „Wir müssen als erstes ins Erdgeschoss zur Pop-Art!". Ein älteres Ehepaar hingegen bestaunt Dokumente einer Freundschaftsbeziehung zwischen den Künstlern Man Ray und Fritz Gruber.
„Der Job macht mir Spaß und ist eine gut Ergänzung zum Studium", sagt Erec zufrieden. „Es ist hier sehr lebendig." Ein leichtes Schmunzeln fährt über seine Lippen, als der Student sich an die Situation erinnert, in der ein Tourist mit seinem Fahrrad in die Lobby des Museums fuhr. Da sie einen Durchgang von der Altstadt zum Dom bildet, ermöglicht es ein leichtes Eindringen durch die automatischen Schiebetüren. Nach ein paar Runden um die Kasse fuhr er schließlich wieder davon.
Erneut läutet die größte freischwingende Glocke der Welt. Die Domuhr zeigt nun den internationalen Gästen die Stunde 14 an.
VON JULIA WEISE