Nichts geringeres als "der schlaueste und stärkste Mann der Welt" soll am Freitag bei der Weltmeisterschaft im Schachboxen in der Columbiahalle in Berlin gefunden werden. Der in Dresden geborene und in Berlin lebende Feuerwehrmann Sven Rooch darf sich seit letztem Jahr so nennen - und will am Freitag in einem Heimspiel seinen Titel verteidigen.
Chessboxing, also Schachboxen, nennt sich die relativ neue Sportart, bei der es erst zum zweiten Mal eine Weltmeisterschaft gibt. Bei der WM kämpfen nur Männer gegeneinander. Das Finale im Mittelgewicht wird die Neuauflage des Kampfes vom vergangenen Jahr sein. Wieder stehen sich Rooch und der Spanier Jonathan Rodriguez Vega gegenüber. Beim letzten Mal in Moskau sei es denkbar knapp gewesen, sagt Rooch. "Ich konnte einen kleinen Fehler des Gegners im Schach ausnutzen."
Ein Wettkampf im Schachboxen hat elf Runden, es wird immer abwechselnd geboxt und Schach gespielt. Jede Runde dauert drei Minuten, dann wird ohne lange Pause gewechselt. "Das ist eine teuflische Kombination", sagt Iepe Rubingh, der den Sport nach eigenen Angaben 2003 erfunden hat. Er gründete die Vermarktungsfirma Chess Boxing Global, um den Sport zu professionalisieren. "Hier schlagen sich nicht einfach nur zwei die Köpfe ein und einer gewinnt". Auch Intelligenz sei gefragt. Die Wettkämpfe nennt er "Intellectual Fight Night".
Gewonnen hat, wer den Gegner entweder schachmatt setzt oder k.o. schlägt. Auch wenn die Zeit beim Schach abläuft, ist der Kampf entschieden. "Das Gefährlichste ist der Wechsel vom Boxen zum Schach", sagt Rubingh. Denn die Schachuhr laufe unerbittlich weiter, auch wenn der Kopf nach dem Boxen noch nicht wieder einsatzbereit und der Puls noch auf 180 sei. Deshalb falle die Entscheidung häufiger im Schach als im Boxen.
"Schach ist sensibler", sagt auch Weltmeister Rooch. Wer im Boxen hinten liege oder gerade ein paar schwere Schläge einstecken musste, der könne das in der Schachpartie kaum abschütteln. "Im Schach werden auch kleine Unkonzentriertheiten sofort bestraft, im Boxen kann man vielleicht noch mit einer Deckung oder den Beinen ausgleichen."
Der 27-jährige Rooch hat in seiner Jugend viel geboxt - in der Radeberger Boxunion. Als er vor zwei Jahren für eine Ausbildung zum Feuerwehrmann aus Sachsen nach Berlin zog, hörte er zum ersten Mal vom Schachboxen. Schachspielen lernte er als Kind von seinem Großvater und Vater. "Vorm Schachboxen dachte ich, dass ich ganz gut im Schach bin. Aber das stimmte nicht."
Für das Training geht er zum Berliner Verein "Chess Boxing Club Berlin". Den hat Erfinder Rubingh 2004 gegründet, mittlerweile gibt es 100 Mitglieder, darunter auch ein paar Frauen. Training ist jeden Abend, Rooch geht zweimal in der Woche hin, vor Wettkämpfen häufiger. Oft lasse sein Schichtdienst in einer Spandauer Feuerwache nicht mehr Zeit, sagt er. Hier nutzt er einen Kraftraum, geht ab und zu auch mit Kollegen joggen. Eine Partie Schach in den Einsatzpausen ist dagegen nicht drin: "Ich werde ständig unterbrochen, da lese ich lieber ein Buch." Für die Schachwettkämpfe trainiert er online.
Rooch gibt sich mit Blick auf den Freitag zuversichtlich, dass er Weltmeister bleibt. "Sobald ich das Schachbrett sehe, kommen die Ideen wieder", sagt er.