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Studieren mit Stipendium - Morgens Studentin, abends Politikerin

Ein Einserabitur kann helfen, aber oft zählen noch andere Qualitäten: Wer ein Stipendium anstrebt, sollte sich die Profile der unterschiedlichen Förderwerke genau ansehen. In dieser Serie stellen wir Stipendiaten verschiedener Stiftungen vor.

Wer sich für ein Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung bewirbt, muss kein Mitglied der Grünen sein. Gleiches gilt für die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Viele der Stipendiaten engagieren sich trotzdem in einer der beiden Parteien. Kimberly Schlüter ist eine von ihnen. Sie sitzt für die Grünen im Stadtparlament von Mörfelden-Walldorf und im Kreistag Groß-Gerau. Viola Gebek von der FDP gehört dem Flörsheimer Stadtparlament an. Schlüter hat Soziologie in Mainz studiert, Gebek studiert Sustainable Marketing and Leadership in Wiesbaden. Beide haben sich früher kaum für Politik interessiert. Heute diskutieren sie über Kitaplätze oder müssen sich im Parlament gegen altgediente Parteikollegen durchsetzen.

Gebek sagt von sich, sie erfülle nicht das FDP-Klischee vom Kind aus vermögendem, liberal geprägtem Hause. Ihren Weg zur Partei habe sie über deren Werte wie Offenheit, Diversität und das Recht auf freie Entfaltung gefunden. Neben dem, was Gebek an Werten mit der FDP verbindet, steht noch das, was sie im Leistungskurs Geschichte gelernt hat. „Mir ist dadurch bewusst geworden, wie wichtig es ist, freiheitliche Demokratien zu schützen." Die Studentin fühlt sich mehr als Europäerin denn als Deutsche, spricht Französisch und hat Freunde auf dem ganzen Kontinent.

Politik, vor allem Lokalpolitik, war ihr lange größtenteils egal. „Ich wusste gar nicht, wie man sich vor Ort engagieren kann", sagt Gebek. Mit Beginn der Pandemie fängt sie an, sich mehr mit ihrem Verhältnis zur Politik auseinanderzusetzen. Bei den Jungen Liberalen habe sie sich am besten wiedergefunden, sagt die Studentin. Ihr Stipendium von der Friedrich-Naumann-Stiftung ermöglichte es ihr, das Masterstudium an der privaten Hochschule Fresenius in Wiesbaden zu beginnen. Die Stiftung fördert aktuell rund 1100 Studierende und Promovierende.

„Irgendwie fand ich Parteien immer ein bisschen unsexy", sagt Kimberly Schlüter, genannt Kimi. Sie definiert sich als nichtbinär, mit ihrem Einverständnis sollen hier aber die weiblichen Pronomen verwendet werden. Schlüter, 22 Jahre alt, wohnt mit ihrem Partner zusammen. Die Heinrich-Böll-Stiftung fördert sie seit 2018. Jährlich unterstützt das Förderwerk rund 1400 Studierende und Promovierende.

„Dass ich überhaupt verstanden habe, was Politik bedeutet, hat bis zur zehnten Klasse gedauert. Da habe ich angefangen, Zeitung zu lesen und mich für Literatur zu begeistern. Literatur hat mich echt politisiert", sagt Schlüter. Sie kann sich in Rage reden, wenn sie von Romanen erzählt, die ihr im Gedächtnis geblieben sind. Insbesondere, wenn es sich um Schicksale von Frauen handelt, die an gesellschaftlichen Zwängen zugrunde gehen. Ihr sei klar geworden, dass es auch heute keine Chancengleichheit, keine Teilhabemöglichkeiten für alle gebe. „Das will ich ändern." (Mehr auf der Webseite)

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