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Kaum zu glauben - Doch zu glauben

Von Julia Fietz

Warum engagierst du dich in der Kirche? Um herauszufinden, was junge Leute in der Kirche hält, hat die SZ diese Frage in den vergangenen Wochen immer wieder Heranwachsenden im Landkreis München gestellt. Die Antwort fiel meist nicht schwer, kam wie aus der Pistole geschossen und war stets die gleiche: der Gemeinschaft wegen. Sofort danach kam das Abwiegeln. Mit der Kirche habe das aber nichts zu tun, hieß es in der Serie "Kaum zu glauben" ein ums andere Mal. Einverstanden mit dem, was diese von sich gibt, sei man sowieso meistens nicht.

Gemeinschaft ist für die christlichen Kirchen ein zentraler Wert. Doch wer sich dafür engagiert, wird als naiv, prüde und ultra-konservativ abgestempelt. Verdenken kann man es nicht. Die Kirchenmühlen mahlen nicht im Stechschritt des Zeitgeistes, sie mahlen im Jahrtausendrhythmus. Die Sexualmoral ist in weiten Teilen völlig überholt, die Einstellung zu Frauen sowieso. Wer sich als junge Frau anhören muss, ihre Bestimmung sei die Mutterschaft, kommt nicht umhin, die Kirche als erdrückend zu empfinden.

Wenn der Papst aber in seiner Weihnachtspredigt sagt, Gott liebt jeden ohne Wenn und Aber, dann ist es völlig unverständlich, warum Frauen immer noch von katholischen Kirchenämtern ausgeschlossen werden und warum die Liebe zwischen Homosexuellen der Frau-Mann-Partnerschaft nicht gleichgestellt wird. Dabei ist jungen Leuten der Glaube beileibe nicht egal. Auf der Suche nach Halt und Orientierung sind auch unter 30-Jährige. Ihre Sehnsucht, die Welt einmal einen Moment anzuhalten, lebt sich in Bergwanderungen aus, in Yogastunden - oder im Gebet. Weniger gläubig sind die meisten Heranwachsenden heute nicht, nur differenzierter, individueller, als die Kirchen es sich eingestehen.

Natürlich werden auch in Zukunft die Mühlen so langsam mahlen, dass es zum Verzweifeln ist. Der Weg der Veränderung ist lang. Eine Rückbesinnung auf die Werte, die seit Alters her gepredigt werden, auf Akzeptanz unterschiedlicher Lebenswege, auf eine wahrhaft gleichberechtigte Gemeinschaft und eine Nächstenliebe, die nicht Halt macht vor dem, der sich nicht anpasst - das wäre ein erster Schritt. (Mehr auf der Webseite)

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