3 subscriptions and 3 subscribers
Article

Renault in der Formel 1: Anführer der Abgehängten


Der Renault-Rennstall will in die Spitze der Formel 1 und hat dafür einen der besten Fahrer im Feld verpflichtet. Doch jetzt droht Konkurrenz aus der zweiten Garde der Topteams.

Um die aktuelle Lage des Teams Renault zu verstehen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Ein paar Jahre nur, zurück zu 2016, als der Rennstall seine Rückkehr in die Formel 1 verkündete. "Wir sind nicht hier, um das Feld aufzufüllen", sagte der heutige Teamchef Cyril Abiteboul: "Wir wollen vorn mitfahren. Eines Tages stehen wir auf dem Treppchen." Die ambitionierten Ziele wurden in einem Fünfjahresplan festgehalten: 2019 den Abstand zur Spitze verkürzen, 2020 auf dem Podium stehen, 2021 dann Rennen gewinnen.

Bisher schien der Plan zu funktionieren. Das Team kletterte von Jahr zu Jahr in der Konstrukteurswertung, in der vergangenen Saison wurde es erstmals Vierter. Diese Position, direkt hinter dem Trio aus Ferrari, Mercedes und Red Bull, gilt auch in diesem Jahr als Minimalziel. Renault will den zeitlichen Rückstand auf der Strecke halbieren, bisher fehlen je nach Kursprofil bis zu zwei Sekunden zu den großen drei.

Ein Grand Prix, zwei Wettbewerbe

Das soll auch Daniel Ricciardo ändern. Der siebenfache Grand-Prix-Sieger kam zu Saisonbeginn von Red Bull und bildet mit Nico Hülkenberg das neue Fahrerduo von Renault. "Wir haben vielleicht die stärkste Fahrerpaarung im Feld", sagt Abiteboul. Doch Ricciardo sitzt jetzt in einem Auto, das zwar hohe Ansprüche hat, aber mit den Topteams nicht mithalten kann.

Denn die Machtverhältnisse in der Formel 1 haben sich zuletzt verfestigt. Ein Grand Prix teilt sich heute in zwei Wettbewerbe: Die sechs Autos von Mercedes, Ferrari und Red Bull fahren um den Sieg, dann kommt der Rest. Hinter dem Führungstrio sieht sich Renault als Anführer der Abgehängten. Doch schon das erste Rennwochenende zeigte, dass es selbst mit dieser Platzierung schwer werden könnte. In Australien musste Ricciardo sein Rennen früh beenden, Hülkenberg wurde zwar Siebter, aber ein anderer Abgehängter war schneller: Kevin Magnussen, Platz sechs, in einem Haas, Ferraris B-Team. Im Qualifying von Bahrain waren sogar beide Autos des US-Rennstalls besser.

"Wir wollen nicht Teil einer solchen Formel 1 sein"

Haas ist für Werksteams wie Renault, Williams und McLaren, die kein B-Team haben, zum Streitfall geworden. Bis zu 70 Prozent der Teile von Ferrari und Haas sind Gleichteile. Auch mit Alfa Romeo pflegen die Italiener einen engen Kontakt, Red Bull arbeitet mit Toro Rosso zusammen und Mercedes würde das Gleiche gerne mit Racing Point tun. Die B-Teams sparen viel Geld und Ressourcen, die A-Teams profitieren von der Entwicklungsarbeit. Die Werksteams ohne Satellit hinken hinterher.

"Du wirst bald nicht mehr gewinnen können, wenn du kein B-Team hast", sagte Abiteboul der Fachzeitschrift "Auto Motor und Sport": "Wir wollen nicht Teil einer solchen Formel 1 sein." Tatsächlich könnte Renault, wie schon beim Australien Grand Prix, den Rang als vierte Kraft an Haas verlieren. Der US-Rennstall brauchte in der vergangenen Saison nur ein Drittel des Personals und die Hälfte an Budget im direkten Vergleich. Für Renault arbeiten etwa 700 Menschen in der Chassis-Abteilung und 500 Leute am Motor.

Wettrüsten der Konkurrenz unterschätzt

Mit einem Renault-Motor wurde Red Bull, das seit diesem Jahr mit Honda-Antrieb unterwegs ist, in den vergangenen Jahren viermal Weltmeister und gewann in der Saison 2018 vier Rennen. Das zeigt, was mit den Motoren der Franzosen möglich gewesen wäre. Doch das Chassis von Renault konnte nie mit dem der Österreicher mithalten, auch der Rückstand zu Ferrari und Mercedes ist noch groß.

Um den Abstand zu verkürzen, habe Renault die Strukturen und die Arbeitsweise in der Chassis-Abteilung umgestellt. "Das wird sich vielleicht nicht morgen, aber übermorgen auszahlen", sagte Abiteboul im Winter: "Deshalb liegt zunächst der große Fokus auf der Motorentwicklung." Aber der Fünfjahresplan seines Teams ist auch aus anderen Gründen ins Stocken geraten.

Renault hat das Wettrüsten der Konkurrenz unterschätzt. "Das ist ein anderer Sport, ein anderes Universum", sagt Abiteboul. Die Topteams seien in ähnlicher Geschwindigkeit weitergewachsen, das könne und wolle das Werksteam nicht mitgehen. Die Lücke hat sich also nicht geschlossen, sondern ist nahezu gleich geblieben. Trotzdem sehen sich die Franzosen nach wie vor auf Kurs, auch wenn in diesem Jahr Stagnation droht.

Erst 2021 sind weitreichende Regeländerungen geplant, eine Budgetdeckelung ist möglich, auch eine Reglementierung von B-Teams wurde angeregt, das könnte helfen. Immerhin will Renault 2021 doch Rennen gewinnen.


Original