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Nach Olympia wird schmutzige Wäsche gewaschen

Düsseldorf. Der Alltag hat sie wieder: Nach fast zwei Wochen in London hat Jessica Mager der englischen Hauptstadt den Rücken gekehrt. Im Gepäck hat die Post-SV-Sportschützin keine Medaille. Dafür aber viele schöne Erinnerungen an eine aufregende Zeit bei den Olympischen Spielen - und einen ganzen Haufen schmutziger Wäsche. „Ich muss jetzt erstmal wieder richtig ankommen und dringend Wäsche waschen", schmunzelt die 24-jährige Solingerin. „Allein die Kaderkleidung füllt ja schon einen kompletten Koffer!"

Die Erlebnisse sprudeln nur so

Zuvor hat Jessica Mager viel zu erzählen. Die Eindrücke ihrer ersten Olympischen Spiele möchten mitgeteilt werden. Sie berichtet von ihren Erlebnissen im olympischen Dorf. Von den vielen Sportlern aus den unterschiedlichsten Nationen. Und verrät, wie man sich die Zeit vertreiben konnte: „Wir haben es uns zum Spielchen gemacht, zu raten, aus welchem Land jemand kommt und welche Sportart diese Person ausübt. Die Großen waren fast immer Basketballer."

Viel gesehen hat die Luftgewehrschützin auch von der englischen Hauptstadt. Nach ihrem eigenen Wettkampf hat sie den deutschen Turnern die Daumen im Mannschaftsfinale gedrückt, konnte dazu Michael Phelps schwimmen sehen. Außerdem hat sie ihre Zimmerkollegin Barbara Engleder im Kleinkaliber-Finale angefeuert. „Wenn man die tolle Stimmung und diese wahnsinnigen Emotionen in den Sportstätten live vor Ort erlebt, ist das total beeindruckend", gibt Mager zu.

All diese Erlebnisse sprudeln nur so aus der Olympia-Debütantin heraus. Doch als sie auf ihren eigenen Wettkampf zurückblickt, stockt Jessica Mager kurz. „Mit meinem Abschneiden bin ich sehr unzufrieden", gibt sie schließlich zu. „Gerade weil ich weiß, dass ich es viel besser kann. Das Training zuvor lief wahnsinnig gut. Da war mein Auftritt dann schon sehr enttäuschend."

Die Düsseldorfer Olympia-Hoffnung verpasste das Finale der besten acht Starterinnen und belegte am Ende nur den 20. Platz. Eine Erklärung für das schlechte Ergebnis hat Mager bereits gefunden: „Es lag an meinen Nerven! Kurz vor dem Wettkampf stieg die Aufregung dermaßen, das konnte ich einfach nicht mehr stoppen. Ich hatte so einen wahnsinnig hohen Puls und Blutdruck - ich glaube, ich hätte jedes Messgerät gesprengt!"

So kam es, dass sie bereits im ersten Durchgang zweimal die Mitte der Zielscheibe verfehlte - was jeweils nur neun, statt der möglichen zehn Ringe bedeutete. Nun durfte Mager sich nur noch einen Fehlschuss erlauben, um die Hoffnung auf den Finaleinzug nicht frühzeitig begraben zu müssen. Doch sie bekam ihre Nerven einfach nicht unter Kontrolle. „So zittrig und nervös war ich wohl noch nie bei einem Wettkampf. Ich habe zwar dagestanden wie eine Eins, aber ich habe das Gewehr einfach nicht ruhig bekommen, weil so viel körperliche Bewegung darin war", erinnert sich die junge Athletin an den schwarzen Moment zurück. Am Ende erzielte sie nur 394 von 400 Ringen und schied nach dem Vorkampf aus.

Die Enttäuschung war groß: „Die ersten zwei Tage habe ich versucht, meinen Wettkampf einfach nur zu verdrängen." Doch auf diese Weise wollte die sonst so fröhliche Solingerin nicht weitermachen: „Dann habe ich mir irgendwann gedacht: ‚Die Löcher sind in der Scheibe und du kannst den Wettkampf nicht rückgängig machen. Es ist halt so gelaufen und jetzt mach' das Beste draus: Genieß einfach alles, was noch kommt!' Und das hat dann auch ganz gut geklappt."

Von Johannes Steinmeyer

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