Thomas Meyer-Falk lebte 7 Jahre im Normalvollzug, 10 Jahre isoliert, 10 Jahre verwahrt. Die Welt draußen ist ihm noch fremd und viel und laut.
Wer wissen will, wie es ist, nach fast drei Jahrzehnten Mauergeruch in freier Luft zu atmen, kann Thomas Meyer-Falk fragen. Er weiß womöglich die Antwort.
Draußen: Von der Endstation der Straßenbahn „Messe Freiburg" läuft man über den Parkplatz eines riesigen Möbelgeschäfts und biegt kurz vor einem ebenso riesigen Autohaus links ab. Wenige Meter die Straße rein beginnt der Wagenplatz Schattenpark. Thomas Meyer-Falk wartet am Tor. Zwischen Wohn- und Lieferwagen hindurch geht es bis ans Ende des Wagenplatzes. Der „Gästewagen", in dem Meyer-Falk derzeit lebt, ist gelb, links steht ein ebenso gelb angestrichenes Fass mit einem schwarzen Atomwarnzeichen, rechts ein rotes Fahrrad.
Drinnen: Der Wagen ist mit Holz verkleidet, links Regale, rechts Regale, ein großer Schreibtisch, Kochplatten. Und vor allem Bücher: Camus, Sartre, Nietzsche, Habermas und jede Menge Reclam-Hefte. Auf dem Tisch liegt die aktuelle Zeit, an der Wand hängt ein Plakat zum „Antikriegstag" und ein Schild mit der Aufschrift „Personne n'est illégal", daneben Fotos von Babys. „Enkel von Freund*innen", sagt Meyer-Falk.
Damals: Thomas Meyer-Falk kam 1996 wegen eines Bankraubs mit Geiselnahme in Haft. Da war er 25 Jahre alt. Er wollte Geld für linke politische Projekte beschaffen. „Das war die Idee", sagt er heute. Er bedaure, was er den Menschen in der Bank angetan habe. Aber er stehe weiterhin zu seiner damaligen Haltung, die ihn in die Bank geführt habe - der Überwindung des politischen Systems. Viel mehr will Meyer-Falk zur 27 Jahre zurückliegenden Tat nicht sagen, das komme ihm vor wie „Opa erzählt vom Krieg".
Isolationshaft: Vom ersten Tag der Untersuchungshaft an sitzt Thomas Meyer-Falk in Einzelhaft. Vor Gericht hatte er sich uneinsichtig gezeigt. Er habe lautstark seinen Unwillen über Staat und Justiz kundgetan, erzählt er. Unter anderem verkündete er, Jurist*innen im Staatsdienst gehörten aufgehängt. „Jung und aufbrausend" nennt er sein Verhalten von damals. Außerdem: „Wenn man etwas sagt, weiß man noch längst nicht, ob man es auch tut." Sein Hass auf Staat und Justiz wird 1998 noch einmal angefacht, als die Begrenzung der Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre gekippt wird - und das noch rückwirkend, sodass die neuen Vorschriften auch für Thomas Meyer-Falk gelten. „Da stand ich plötzlich mit einer potenziell lebenslänglichen Freiheitsentziehung da."