Die republikanische Abgeordnete Liz Cheney stellt sich gegen Donald Trump. Doch das sollte aus ihr keine Heldin machen - ein Kommentar.
Washington D.C. - „Die Kongressabgeordnete Liz Cheney ist eine Führungskraft von großem Mut, Patriotismus und Integrität. Heute haben die Republikaner im Repräsentantenhaus erklärt, dass diese Werte in der republikanischen Partei nicht willkommen sind. Um unserer Demokratie willen müssen vernünftige Republikaner überall im Land sich ihre Partei zurückholen." Diese pathetischen Worte stammen von Nancy Pelosi, der demokratischen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. Sie sprach sie anlässlich der gestrigen Abwahl Liz Cheneys aus der Fraktionsführung der republikanischen Partei.
Liz Cheney stellte sich gegen Donald TrumpWorte voll des Lobes für Liz Cheney kommen indes nicht nur vom politischen Gegner, den Demokraten, sondern auch vonseiten der US-Leitmedien. Doch was genau sind die Heldentaten, die die Geschasste in den Augen des Establishments zur tragischen Heldin machen? Da wäre zum einen die Tatsache, dass Liz Cheney das Ergebnis der US-Wahl 2020 uneingeschränkt anerkennt - die Demokraten haben gewonnen, die Republikaner verloren, Joe Biden ist Präsident, Donald Trump nicht.
Zum anderen verurteilt Liz Cheney Donald Trumps Aufruf zum Aufstand am 6. Januar, dem dessen fanatische Anhänger:innen nachkamen und das Kapitol stürmten. Bei dem anschließenden Amtsenthebungsverfahren war Liz Cheney eine der wenigen in der republikanischen Fraktion, die im Repräsentantenhaus für das Impeachment Donald Trumps stimmte.
US-Republikaner: Eine rechtsextreme Partei mit faschistischen TendenzenDoch diese Taten sollten in einer Demokratie aus einer Oppositionspolitikerin keine Heldin werden lassen. Würde es sich bei den Republikanern um eine normale Oppositionspartei handeln, welche die US-Verfassung anerkennt und nach Recht und Gesetz handelt, sollte Liz Cheney mit ihrer Würdigung besagter Tatsachen in ihrer Partei nicht mehr oder weniger allein und zunehmend isoliert dastehen.
Nicht erst nach dem Rausschmiss Liz Cheneys aus dem Führungsteam der Republikaner im Kongress ist klar, worum es sich bei dieser Partei handelt: Um eine rechtsextreme, demokratiefeindliche Partei, mit faschistischen Tendenzen, die wohl - wenn sie denn die Macht dazu hätte - entgegen dem Wahlergebnis ihren ideologischen Anführer, Donald Trump, als Staatsoberhaupt installieren würde.
Liz Cheney steht Donald Trump politisch durchaus naheDass eine Republikanerin wie Liz Cheney indes als „vernünftig" angesehen wird, zeigt eindrucksvoll, wie weit die republikanische Partei aktuell vom Zustand einer normalen Partei entfernt ist. Dabei wird oft geflissentlich übersehen, um nicht zu sagen unter den Teppich gekehrt, dass die ach so ehrenwerte Liz Cheney Donald Trump politisch durchaus nahesteht. So war ihr Abstimmungsverhalten Gesetzentwürfe betreffend zu 92,9 Prozent auf Linie mit Donald Trump.
Im Gegensatz dazu stimmte ihre designierte Nachfolgerin, Elise Stefanik, lediglich in 77,7 Prozent der Fälle mit dem Ex-Präsidenten überein. Außerdem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Liz Cheney zwar ihre Position innerhalb der republikanischen Parteiführung eingebüßt hat, die 54-jährige Abgeordnete des Bundesstaates Wyoming diesen aber weiterhin im Repräsentantenhaus vertritt - zumindest noch bis im November 2022 ihre Wiederwahl ansteht.
Liz Cheney kann mit ihren extrem rechten Ansichten weiter im Kongress ihr Unwesen treibenBis dahin kann Liz Cheney, die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten von Ex-Präsident George W. Bush, Dick Cheney, mit ihren extrem rechten Ansichten weiterhin im Kongress ihr Unwesen treiben. Diesbezüglich steht sie ihren republikanischen Kolleg:innen nämlich in nichts nach: Liz Cheney bezeichnete jüngst Joe Bidens Corona-Hilfspaket, den American Rescue Plan, als „gefährlich" und „voller linksextremer Prioritäten", das „die Finanzierung von Abtreibungen mit Steuergeld zulässt" und sogenannte „Stimulus-Checks für illegale Immigranten, Kriminelle und sogar Terroristen bereithält."
Liz Cheney bezieht viel Spendengeld von Rüstungsunternehmen und hält demzufolge Bidens Pläne, den Afghanistan-Einsatz des US-Militärs zeitnah zu beenden, für „rücksichtslos". Selbstverständlich ist sie auch entschieden gegen eine so dringend benötigte Polizeireform, ein Gesetz, das nach dem Afroamerikaner George Floyd benannte wurde, der George Floyd Justice in Policing Act. Und selbst kleine mögliche Reförmchen hinsichtlich des Rechts auf Schusswaffenbesitz, das in den USA so viele Todesopfer fordert, bezeichnet Liz Cheney als „einen Angriff auf die Freiheit der Menschen in Wyoming".
Liz Cheney war enthusiastische Wahlkämpferin für Donald TrumpAber das ist längst nicht alles: Nicht nur im Jahr 2020, auch schon davor im Jahr 2016 war Liz Cheney eine enthusiastische Wahlkämpferin für Donald Trump. Vor den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr bemerkte sie über die Demokraten, diese seien „die Partei des Antisemitismus, die Partei der Kindstötung, die Partei des Sozialismus". Außerdem hätten Sozialisten die Politik der Demokraten und Joe Bidens Positionen im „Würgegriff".
Zwei Tage vor der Präsidentschaftswahl sagte Liz Cheney, die damals noch designierte Vizepräsidentin, Kamala Harris, „hört sich an wie Karl Marx". Die moderate Demokratin Kamala Harris hatte sich zuvor lediglich für mehr soziale Gerechtigkeit ausgesprochen. Zwei Worte, die Liz Cheney wahrscheinlich niemals in den Mund nehmen würde, denn der Sozialdarwinismus ist eines der wichtigsten Gebote der US-Republikaner.
USA: Liz Cheney gibt sich kämpferischNach ihrer Abwahl aus der republikanischen Führungsriege gibt sich Liz Cheney gegenüber Medienvertreter:innen kämpferisch: „Ich werde alles unternehmen, um sicherzustellen, dass der ehemalige Präsident nie wieder auch nur in die Nähe des Oval Office kommt." Das Perfide an republikanischen Politiker:innen wie Liz Cheney ist, dass sie zwar nach außen hin vermeintlich gemäßigt auftreten. Einige wenige besitzen womöglich auch noch einen Funken Demokratieverständnis, aber ihre politischen Positionen sind schon lange rechtsextrem, genauso rechtsextrem wie die der übrigen Republikaner. Liz Cheney ist zwar außen geschliffene Politikerin, aber innen Trump - so wie der Rest der republikanischen Partei. (Johanna Soll)
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