Interview Johanna Ewald
Mit dem Herbst naht die Grippe: Sind wir gut vorbereitet? Claudia Bernhard findet schon. Und blickt im Interview kritisch darauf, wie sich die Corona-Pandemie entwickelt.Es wird wieder kälter und der Coronavirus kursiert immer noch. Die Verfügbarkeit eines Impfstoffs in Deutschland ist derzeit noch nicht konkret absehbar. Derweil beginnt im Oktober die Grippesaison. Was bedeutet das für das Krisenmanagement? Claudia Bernhard, Bremens Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, spricht über die Erfahrungswerte aus den ersten Pandemie-Monaten und über den weiteren Umgang mit der Pandemie in der kalten Jahreszeit.
Wie gehen sie in den Herbst und Winter? Angespannt oder fühlen Sie sich gut vorbereitet? Ich fühle mich deutlich besser vorbereitet als im März. Das ist ja auch kein Wunder, nachdem man sich inzwischen eine ganze Weile damit beschäftigt hat. Entspannt ist man nie. Nicht, wenn eine Pandemie läuft. Das ist unmöglich. Anderseits muss ich sagen: Wir haben bislang alles Menschenmögliche getan, sind deutlich besser aufgestellt als im März und deswegen bin ich optimistisch, dass wir gut durch die kalte Jahreszeit kommen. Der neue Bremer Freipark auf der Bürgerweide erlaubt ab dem 2.Oktober zeitgleich bis zu 6.000 Besucher auf dem Volksfest, Werder spielt vor 8.500 Besuchern im Weserstadion. Haben Sie als Gesundheitssenatorin die Entscheidung mit voller Überzeugung mitgetragen? Was heißt "mit voller Überzeugung mitgetragen"? Wir haben bezüglich Werder Bremen das Hygienekonzept gemeinsam mit dem Gesundheitsamt intensiv geprüft und sind dann zu dem Entschluss gekommen, dass wir die jetzt beschlossenen Bedingungen als Einstieg akzeptieren können. Und bezogen auf den Freimarkt? Der Freimarkt wurde von unserer Seite ganz klar definiert - in Bezug auf die maximale Besucherzahl, verbunden mit einer Ticketvergabe und die Vorgabe, auf Alkohol zu verzichten. Das war ja lange der Streitpunkt. Wird es in Bremen Weihnachtsmärkte geben? Ja, es wird sie vermutlich geben. Das ist im Senat noch nicht abschließend geklärt. Es geht darüber hinaus um die Frage, in welcher Form sie stattfinden können. Wie gehen wir zum Beispiel mit Alkohol und den Mindestabständen um. Dient da der Freimarkt als Versuchsballon? Wir werden uns das natürlich sehr genau angucken. Auch, was jetzt am Wochenende beim Fußballspiel passiert ist. Ob die Regeln eingehalten werden und wie die Infektionszahlen sich danach entwickeln. Es ist ein Einstieg, aber auch ein Experiment. Im März fingen die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie an. Würden Sie sagen, Bremen hatte die Situation im Griff? Ja, das würde ich schon sagen, immer angesichts der aktuellen Lage. Anfangs mussten wir uns auch erst auf die Situation einstellen, inzwischen sind wir deutlich besser organisiert. Wir haben ja auch eine ganze Menge gelernt in den letzten Monaten: Von der Beschaffung von Schutzausrüstung in Krankenhäusern bis hin zur Corona-Ambulanz. Und auch was die Nachverfolgung anbelangt sind wir sehr viel besser ausgestattet. Was war aus Ihrer Sicht defizitär am Anfang? Was musste schnell ausgebessert werden? Zu Beginn hatten wir Probleme in den Bereichen der Schutzausrüstung sowie auch hinsichtlich an Beatmungsgeräten ausgebildetem Personal. Bei der Schutzausrüstung sieht es heute viel besser aus, Personal bleibt aber im Gesundheitswesen insgesamt ein längerfristiges Problem. Was ist heute ganz anders? Ganz anders ist das Bewusstsein in der Gesellschaft. Davon profitieren wir in jedem Fall. Es gibt ein hohes Maß an Akzeptanz gegenüber der Regelungen, das dürfen wir nicht vergessen - auch, wenn es immer mal welche gibt, die diese unterlaufen. Außerdem haben wir mittlerweile die Scouts für die Kontaktnachverfolgung - das ist ein großer Unterschied. Die Hausärzte haben ihren Frust artikuliert: "Die hochkarätige medizinische Versorgung in Bremen konnte nur durch Improvisation, extreme Flexibilität und individuelle Einsatzbereitschaft der Handelnden aufrechterhalten werden." Was sagen Sie dazu? Das ist nicht ganz falsch. Zu Beginn wirkten manche Handlungen sicherlich improvisiert, das waren sie im Angesicht einer Pandemie bestimmt auch an manchen Stellen. Wenn man sich dann aber anguckt, mit welchen Problemen - beispielsweise fehlender Schutzausrüstung - wir zu tun hatten, ist es auch verständlich, dass wir uns erstmal aufstellen und entsprechend abstimmen mussten. Teilweise gab es auch Probleme in der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten, beispielsweise was die Testungen angeht. Inzwischen gibt es aber klare Strukturen, die sehr gut zusammenarbeiten und insofern würde ich diese Situationsbeschreibung nicht mehr stehen lassen. Sie werfen es Ihnen aber vor. Aus Sicht des Hausärzte-Verbandes sind wir für den Herbst nicht ausreichend vorbereitet, schreiben sie. Das teile ich in keiner Weise. Wir haben eine klare Aufgabenteilung zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und dem öffentlichen Gesundheitsdienst mit drei Ambulanzen in Bremen und einer in Bremerhaven. Wir haben das Gesundheitsamt ausgebaut und auch die Kliniken sind auf steigende Behandlungszahlen vorbereitet. Ich sehe nicht, wieso wir für den Herbst nicht gut aufgestellt sind. Ist das Gesundheitsamt entsprechend ausgestattet? Wann stößt es an seine Grenzen? Das Gesundheitsamt stößt an die Grenzen bezüglich der anderen Aufgaben, die es längst hätte bewältigen müssen - von der Schuluntersuchung bis hin zu reisemedizinischen Beratungen und Impfungen. Die Stellen, an denen Personal abgezogen wurde und dadurch Löcher gerissen hat, die müssen gestopft werden. Wie schnell könnten den Testkapazitäten mobilisiert werden, sprich Corona-Stationen, Laborkapazitäten, mobiles Testen und so weiter? Das müssen wir differenziert betrachten. Die Laborkapazitäten sind aktuell stark ausgelastet. Gerade aber für die vulnerablen Gruppen beziehungsweise für mögliche Ausbruchsgeschehen brauchen wir immer eine gewisse Kapazität, die zur Verfügung stehen muss. Wenn das nicht mehr klappt oder die Infektionszahlen sich überschlagen, dann müssen wir da entsprechend einschreiten können. Aktuell sind die Teststationen gut aufgestellt und auch aufgeteilt. Die Messe kann pro Tag 500 Testungen durchführen, das wird im Moment nicht in Anspruch genommen. Außerdem scheint es so, als würden perspektivisch auch Anti-Gen-Tests eine Rolle spielen. Grippeschutzimpfung während Corona: Was raten Sie den Bremern jetzt? Die Grippeimpfung ist unbedingt sinnvoll. Auch da geht es prioritär um die Menschen, die besonders gefährdet sind. Aber auch bei Grippeimpfungen gibt es Kapazitätsgrenzen, weshalb es besonders sinnvoll ist, dass sich gerade vulnerable Gruppen auch dieses Jahr impfen lassen. AutorinDieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 25. September 2020, 23:30 Uhr
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