Berlin. Zwei blond Zöpfchen wippen hin und her. Aus einem Gitter, das an einen Belüftungsschacht einer U-Bahn-Haltestelle erinnert, dringt Licht. Darauf tanzt der Mann mit blondem Haar, der grünen "Jets" College-Jacke und diesen Hosen, die aussehen wie eine Mischung aus Baggys und Jogginghose.
"Fulltimejob, nonstop Copyshop, Sag mir, was du brauchst, wir hab'n alles da, Viagra, Placebos, das Rezept von Coca-Cola", rappt Romano in der Columbiahalle über die acht Jahre, die er in einem Copyshop arbeitete. Die drei Männer im Hintergrund, die Keys, Backings und Drums bedienen, sind ebenso skurril, wie ihr "schöner General", wie er sich später besingt. Der eine hat einen Po-langen Zopf und tanzt eine Mischung aus Techno und Robot Dance, während ein anderer seine Hüften lustig von links nach rechts bewegt. Dabei tragen sie Partnerlook: blaue Chino-Hosen, weiße T-Shirts.
Romano sieht "geile Menschen""Mutti, der geht raus an dich", kündigt Romano, diese Mischung aus Wikinger und Westcoast-Rapper, an und schreitet von auf der Bühne von links nach rechts, von vorn nach hinten. Dabei ist sein Gang so eine Mischung aus Clown, Prolet und Berlin-Hipster. Ebene undefinierbar und nicht klar einzuordnen. Wie alles an ihm. Romano, der eigentlich Roman Geike heißt und in Köpenick aufgewachsen ist, rappt mal über Metal, dann über Mutti und Karl May, um dann in "Der schöne General" von weißen Schimmeln, dem siebten Himmel und Delfinen zu singen. Seit über 20 Jahren macht er Musik - man hat den Eindruck, es gibt kein Genre, dass er noch nicht bedient hat. Ende der Neunziger als Sänger eine Metalband, tritt er zwei Alben später als MC Ramon der Hightekcrew bei, veröffentlicht danach einen die englische Techno-Nummer "Ladys Want It", um wenig später eine komplette Schlagerplatte zu veröffentlichen. Romano ist der Beweis, dass mittlerweile alles im deutschen Hip-Hop erlaubt ist.
Nach einigen Songs des aktuellen Albums "Copyshop", bei denen Romano hin und wieder das Mikrofon gen Publikum hält, sind die rund 3000 Menschen im Saal noch zurückhaltend. Die Songs wirken sehr durchdacht, manchmal fast minimalistisch. Erst mit einer Nummer des ersten Albums, "Metalkutte", beginnt das Publikum zu toben und einander Bierduschen zu verpassen. Auf einmal scheint der Beat fetter, das Licht dunkler, Romanos Bewegungen losgelassener.
Wenn Romano Dinge sagt, wie, er würde lauter "geile Menschen" sehen, aber auch einige sehr geile, könnte das politisch inkorrekt aufgefasst werden. Nicht so bei Romano. Mit seinem verschmitzten Grinsen wirkt er eher wie ein kleiner 10-jähriger Junge, der um eine Kugel Eis bittet. Dazu passt auch, dass er wenig später die Ordner anweist, 13 Menschen auf die Bühne zu lassen. Während zwei Frauen die Gunst der Stunde nutzen und sich lasziv auf der Bühne bewegen, beginnt ein anderer zu rauchen. Ein Junge hüpft dabei hinter Romano her, der zu "Klaps auf den Po" genau diese verteilt. Man hat das Gefühl, hier ist alles erlaubt. Solange man Romano heißt.
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