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Strafanzeige gegen die Bundeswehr wegen angeblich zu teurer Anmietung von Flugzeugen

Die Anschuldigungen gegen Angehörige der Bundeswehr in Altenstadt klingen dramatisch: Flugzeuge für die Fallschirmspringer sollen zu teuer angemietet worden sein, behauptet ein Oberstleutnant der Reserve, der Strafanzeige gestellt hat. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Bonn hatte Ermittlungen zunächst abgelehnt, prüft den Fall jetzt aber erneut.

Altenstadt - Dass sie einmal eine Strafanzeige angehängt bekommen würden, damit hatten die Verantwortlichen des Ausbildungsstützpunkt Altenstadt wohl nicht gerechnet, als sie 2017 stolz ihre neue Lösung für die Fallschirmjäger präsentierten. Erstmals waren die Jäger damals über Altenstadt aus dem zivilen Flugzeug des Typs M28 Skytruck gesprungen. Zwei dieser Maschinen stehen seitdem allen springenden Truppenteilen der Bundeswehr zur Verfügung, „um die Ressourcen militärischer Luftfahrzeuge für die Ausbildung zu erweitern", heißt es. Wie mehrfach berichtet, wird mit den M28 eines zivilen Betreibers aus Magdeburg die Lücke geschlossen, die die auslaufende Transall hinterlässt. Der neue riesige Militär-Airbus A400M ist nach wie vor nicht für den Fallschirmsprung zugelassen.

Neue Lösung Ergebnis fünfjähriger Projektarbeit

Die Verantwortlichen zeigten sich bislang hoch zufrieden mit der neuen Lösung: „Das ist heute der Höhepunkt einer mehr als fünfjährigen Projektarbeit", sagte 2017 der damalige Leiter des Ausbildungsstützpunktes in Altenstadt, Oberstleutnant Christian Schoebel.

Angeblicher Millionenschaden für den Steuerzahler

Keine zwei Jahre später sieht sich der Stützpunkt nun schweren Anschuldigungen ausgesetzt. Michael-A. Leuthner, seines Zeichens Oberstleutnant der Reserve, der nach eigenen Angaben beruflich als lizensierter US-amerikanischer Wirtschaftsprüfer unterwegs ist und auch Betrugsuntersuchungen vornimmt, wirft der Bundeswehr vor, weit überhöhte Mietpreise für die beiden Maschinen zu bezahlen und ein europäisches Vergabeverfahren wissentlich umgangen zu haben. Der Schaden, der durch den Auftrag angeblich jährlich entsteht, wird laut eines Magazinberichts abhängig von der Zahl der gebuchten Flugstunden auf ein bis zwei Millionen Euro geschätzt.

Gegenüber den „Schongauer Nachrichten" bekräftige Michael-A. Leuthner nun auf Anfrage seine Auffassung, dass die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen „von hinten bis vorne gefälscht" seien.

Amerikaner sollen Maschinen verschenkt haben

In seiner 45-seitigen Strafanzeige lässt der 57-Jährige kein gutes Haar an den Flugzeugen des Typs. Demnach hatten auch die US-Amerikaner 16 Maschinen erworben, aber bereits elf wieder aus dem Dienst genommen und in der Wüste zwischengelagert. Neun seien mittlerweile an befreundete Nationen „verschenkt" worden.

Laut Leuthners Informationen sind sie jetzt in Costa Rica, Estland, Kenia und Nepal im Einsatz. Der in Montabaur (Rheinland-Pfalz) lebende Oberstleutnant der Reserve beteuert, seine Vorwürfe zu 100 Prozent belegen zu können.

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Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen zunächst ab

Dennoch hatte die zuständige Staatsanwaltschaft in Bonn zunächst Ermittlungen abgelehnt, weil die Vorwürfe auf Vermutungen beruhen, hieß es aus Bonn. „Wir ermitteln nicht ins Blaue hinein", machte Staatsanwalt Sebastian Buß klar. Seine erste Anzeige habe sich etwas angehört „wie ein Kriminalroman", räumte Leuthner gestern im Gespräch mit der Heimatzeitung ein. Nun will er seine zweite Anzeige aber mit reichlich Fakten untermauert haben. Die Staatsanwaltschaft erklärte gestern dazu, dass sie die Unterlagen prüft. In zwei Wochen soll entschieden werden, ob ermittelt wird.

Verteidigungsministerium nimmt Anliegen sehr ernst

Aus dem Verteidigungsministerium in Berlin hieß es derweil, dass „das Anliegen von allen befassten Stellen sehr ernst genommen wird". Ihm werde auch in geeigneter Weise nachgegangen. „Leider können Auskünfte zum Prüfungsstand strafrechtlicher Verantwortlichkeiten nur durch die zuständige Staatsanwaltschaft Bonn erteilt werden", erklärte eine Sprecherin.

Sie bestätigte aber, dass unabhängig davon die Strafanzeige in der Bundeswehr an alle zuständigen Stellen zur Prüfung und gegebenenfalls Veranlassung weiterer Maßnahmen gegeben worden sei. „Im Hinblick auf mögliche disziplinare Ermittlungen gegen Beamte oder Soldaten können und dürfen jedoch aus Gründen des Datenschutzes sowie zum Schutz der Persönlichkeitsrechte keine Auskünfte erteilt werden", erläuterte die Sprecherin.

Grundsätzlich sei es in der Bundeswehr jedoch so, dass eigene Ermittlungen solange ruhen, wie inhaltsgleiche strafrechtliche Prüfungen - wie im vorliegenden Fall - durch zivile Strafverfolgungsbehörden andauern, fügte die Sprecherin hinzu.

Video: Drei Frauen machen Ausbildung zu Fallschirmspringerinnen

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