Campingplatz-Roman "Hitze" Heißer Sommer, schlechter Sex
Coming-of-Age auf dem Zeltplatz: Ein Teenager taumelt durch die Gnadenlosigkeit des französischen Sommers. Victor Jestins Debütroman wurde in Frankreich gefeiert - nun erscheint er auf Deutsch.
Das britische Magazin "Literary Review" verleiht seit 1993 Jahr für Jahr eine ganz besondere Auszeichnung: Der " Bad Sex In Fiction Award" wurde in der Vergangenheit unter anderem James Frey, Philip Kerr und Morrissey verliehen, John Updike durfte sich über eine Trophäe für sein Lebenswerk freuen. Die Ausgezeichneten, durch die Bank gute Schriftsteller, nehmen's oft mit Humor und manchmal den Preis sogar entgegen, der "auf die geschmacklosen, oft oberflächlichen und überflüssigen Beschreibungen von Sex im modernen Roman aufmerksam machen und abschrecken" möchte.
Victor Jestin schreibt in "Hitze" viel über Sex. Trotzdem unwahrscheinlich, dass er den "Bad Sex In Fiction Award" bekommen wird, denn Sex ist zunächst ein integraler Teil der Handlung seines Debütromans. Vor allem aber ist dieser Sex ein anderer als der, über den seine arrivierten Kollegen schreiben. Es ist auch ein anderer als der, den man aus französischen Teenagerkomödien kennt und einem französischen Coming-of-Age-Roman anvermuten würde.
Jestin ist 1994 geboren und dürfte sich noch gut daran erinnern, dass Sex in der Jugend zwar etwas ist, das man ersehnt, aber eben auch ein vermintes Gebiet. Drei zentrale Sexszenen gibt es in diesem Buch: Die erste erfährt der Ich-Erzähler, der Teenager Léonard, im Gespräch, sein Freund Louis zeigt Vollzug bei Zoé an. Was zunächst wie eine Erfolgsmeldung klingt, zerlegt Jestin aber genüsslich in Einzelteile. Kurze Sätze, teilweise aufgeregte Fetzen sind es, die er Louis stammeln lässt: "... Dann habe ich versucht, ihn brutal reinzuschieben, so große Angst hatte ich. Er knickte an ihrem Bauch ab, es war grauenhaft. Ich rieb mich ein bisschen dran und lächelte sie wieder dämlich an. Ich stellte mir wieder einen Porno vor ... In meinem Kopf schrie jemand: Oh, yes! Yes! Fuck! Und dann sagte sie auf einmal: Keine Sorge ... Das hat mir den Rest gegeben."
Die zweite bilanziert ebenfalls Scheitern, schildert schwitzige Berührungen unter der Dusche: "Sie küsste mich und versuchte dabei gleich, meinen Mund zu öffnen und ihre Zunge hineinzuschieben. Es war, als würde ich einen Aschenbecher auslecken." Die dritte schließlich ist von völliger Nüchternheit: "Nichts daran war brutal. Wie träge Musik. (...) Ich kam, und die Welt blieb dieselbe."
Weiter auf: