Verner Panton schrieb Designgeschichte, vor allem mit seinem Panton Chair aus Plastik. Dabei war der erste Entwurf total unbequem! Zum 50. Jubiläum des Stuhls erinnert sich Marianne Panton, die Witwe des Designers.
Was für ein Lachen Marianne Panton hat! Ausgelassen, freundlich, selbstbewusst. 36 Jahre verbrachte die gebürtige Schwedin an der Seite des großen Verner Panton, und nun sitzt sie in der Lounge des Möbelherstellers Vitra in Weil am Rhein. Marianne Panton, die ihren Ehemann beriet und managte, ist gern hier - viele Stücke des 1998 verstorbenen dänischen Designers befinden sich nebenan im Schaudepot des Vitra Design Museums, das auch einen Großteil seines Nachlasses beherbergt.
Die „FlowerPot"-Leuchte mit ihren knallbunten Rundungen, der tütenförmige „Cone Chair", die bunten Interieurs der Spiegel-Kantine - seine Entwürfe haben Geschichte geschrieben. So ikonisch wie der „Panton Chair" ist wohl keiner: Vitra widmet dem Klassiker 50 Jahre nach seiner ersten Vorstellung auf der Kölner Möbelmesse jetzt eine Sonderedition - als „Panton Chrome" (mit spiegelnden Chrom-Oberflächen) und als „Panton Glow" mit fluoreszierenden Leuchtpigmenten. Ein guter Moment, um mit Marianne Panton zurückzublicken.
ICONIST: Frau Panton, wie sind Sie aufgewachsen? Hatten Sie in Ihrer Jugend schon einen Bezug zum Thema Design?
Marianne Panton: Nicht im Geringsten. Ich komme aus der Provinz - aus der letzten Kartoffelreihe, wie man in Schweden sagt. Mein Vater besaß ein großes Landgut, ich bin zusammen mit einem Bruder und sehr vielen Tieren aufgewachsen, die man damals noch als Arbeitshilfe benötigte. In Schweden war alles noch sehr konservativ. Ich war zuerst auf einer ganz normalen Schule auf dem Lande, dann auf dem Mädchengymnasium, später auf einem weiteren Gymnasium. Schließlich besuchte ich die Handelsschule und lernte meinen ersten Mann kennen. Es war das, was man in Schweden eine Studenten-Ehe nannte. Zwei naive Kinder, die geheiratet haben. Wir haben uns aber bald wieder getrennt. 1962 lernte ich schließlich Verner Panton kennen.
ICONIST: Auf Teneriffa war das - und Sie waren zur Rekonvaleszenz dort, richtig?
Panton: Ich hatte einen Verkehrsunfall mit dem Motorroller, musste lange an Krücken laufen und ruhte mich in der Villa einer Freundin aus. Eine finnische Gräfin, die ganz tolle Couture machte. Sie besaß ein traumhaftes Haus im kanarischen Stil mit einem wunderbaren Innenhof. Dort waren immer ein paar Mannequins, die den Touristen die neueste Kollektion zeigten.
ICONIST: Was hat Verner Panton dort gemacht?
Panton: Ferien! Er hat behauptet, es wären die ersten Ferien seines Lebens gewesen. Er sagte, er hätte bis dahin immer gearbeitet, ohne Pause. Wobei das stimmt, auch auf Teneriffa machte er keine Pause, hatte immer Zeichenpapier und Bleistift dabei. Als Verner auf die Insel kam, schickte sein Reiseleiter ihn zu uns - er war ja damals schon sehr an Textilien interessiert. Und als Architekt sollte er auch das Haus sehen. Eines Tages, ich lag in einer Hängematte in diesem schönen Garten, kam also dieser blau gekleidete Herr und sprach mich an. Ob ich meinte, dass er diesen Garten sehen könne, und ob er wohl das Haus fotografieren dürfte. So lernten wir uns kennen. Und ich konnte ja nicht weglaufen, weil ich mein Bein in Gips hatte.
ICONIST: Er hatte damals ja schon erste Möbel produziert und sich auch als Architekt einen Namen gemacht. Wussten Sie, wer er war?
Panton: Nein, ich hatte keine Ahnung. Das erste Mal, als ich ihn in Dänemark besuchte, war ich übrigens sehr enttäuscht. Ich dachte, so ein Designer und Architekt hat bestimmt ein tolles Haus und jede Menge schöne Möbel. Als ich bei ihm in Kopenhagen war, stellte ich fest: Das Haus war schön, es lag am Strand von Öresund und hatte große Fenster, von denen man einen wunderbaren Blick auf das Wasser hatte. Aber Möbel besaß er gar keine. Ein Tütenstuhl stand da, dazu vier oder fünf Bretter auf Malerböcken für seine Zeichnungen. Und alte Bierkisten aus Holz, die er als Möbel verwendete.
ICONIST: Der Entwurf des Panton-Stuhls stammt aus dem Jahr 1960, bis zur Produktion vergingen sieben Jahre. Wie wichtig war das Projekt für Ihren Ehemann?
Panton: Er hatte immer tausend Ideen. Der „Panton Chair" war eine davon, aber sie war ihm sehr, sehr wichtig. Deswegen sind Verner, ich und der Stuhl in ganz Europa herumgefahren. Mailand, Cannes, wir waren überall unterwegs und haben nach einem Fabrikanten dafür gesucht.
ICONIST: Sie waren damals in einem alten Porsche unterwegs ...
Panton: Zunächst war es ein Citroën. Dann der Porsche. Ein fürchterlich enges Ding. Wir beide, hinten der Stuhl, mehr Platz war da nicht. Dann hatten wir auf dem Weg nach Stuttgart einen Unfall auf der Autobahn und haben uns wieder einen Citroën gekauft. Eine DS, das war damals unter Architekten der letzte Schrei und durchaus praktisch: Manchmal haben wir in dem Auto übernachtet, wenn es spät wurde. Wir haben damals nicht viel Geld verdient. Ich war meistens Chauffeur, Verner fuhr nicht gern. Er arbeitete lieber während der Fahrt.
ICONIST: Wieso war es so schwierig, für den „Panton Chair" einen Hersteller zu finden?
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