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(Spot) Mit diesem Werbespot hat die Agentur Jung von Matt im Frühjahr für Furore gesorgt. Sprüche wie „Geiz ist geil“ von Saturn, „Bild dir deine Meinung“ oder die frechen Sixt-Werbeplakate kommen ebenfalls aus dem Kreativbüro in Hamburg. Seit rund 25 Jahren scheint ihr Erfolg ungebrochen. Jetzt aber hat Mercedes-Benz dem Branchenriesen den Rücken gekehrt. Zwei einzelne Werber, Tonio Kröger und Andre Kemper, die erst noch eine Agentur gründen müssen, haben den Zuschlag bekommen. Wenn man sich in der Branche umhört, ist von Häme keine Spur. Viele waren eher: „Super überrascht! Gerade weil wir auch für den Kunden Mercedes arbeiten. Haben den Pitch von außen so ein bisschen mit verfolgt, aber waren dann umso überraschter, dass es Jung von Matt nicht mehr geworden ist.“
Sagt Tobias Spörer, Geschäftsführer der jungen Digital-Agentur „Elbkind“. Immerhin geht es hier um einen Millionenetat. Peter Figge, Vorstand von Jung von Matt sagt zur unerwarteten Auftragsvergabe nur: „Wir haben damit nicht gerechnet. Und die Begleitumstände sind etwas ungewöhnlich gewesen und deshalb hat das Ganze auch etwas mehr Beachtung gefunden.“
Der Auftrag ging nämlich nicht an die drei großen Agenturen, die sich zuerst beworben hatten. Sondern nachträglich an die zwei einzelnen Werber. Und nicht nur Mercedes-Benz wollte einen Gesichtswechsel. Auch die Bild-Zeitung hat sich wenige Tage später von Jung von Matt getrennt. Peter Figge: „Wir haben seit 20 Jahren für die Bild-Zeitung gearbeitet und bereits vor einiger Zeit gemeinsam mit der Axel Springer AG und auch mit dem Vorstandsvorsitzenden Matthias Döpfner entschieden, dass wir jetzt mal eine Bild-Pause machen.“
Die Entscheidungen verunsichern eine Branche, die um jeden Auftrag kämpfen muss. Rund 27.000 Agenturen gibt es in Deutschland, so das Statistische Bundesamt. Bisher erwirtschaften weniger als ein Drittel rund 95 Prozent der Umsätze. Die großen Agenturen dominieren also den Markt. Doch immer öfter bekommen auch die Kleinen von bekannten Marken den Zuschlag.
So geht es auch der Agentur Elbgold, die sich auf Digitales und Social Media spezialisiert hat. Die Agentur ist seit Gründung vor wenigen Jahren von drei auf 40 Mitarbeiter gewachsen. Geschäftsführer Tobias Spörer: „Das ist natürlich häufig David gegen Goliath.“
Doch Arbeitgeber beauftragen oft nicht mehr eine Agentur für alles, sondern mehrere Spezialisten. Eine für Print, eine für Online, für Plakate oder Social Media. „Ich glaube, es gibt diese Eierlegende Wollmilchsau nicht mehr. Und gerade die Entwicklung des Marktes geht einfach dahin, dass man sich immer Spezialisten reinholen muss.“
Das bestätigt auch Jung von Matt-Vorstand Peter Figge: „Für viele unserer Kunden sind wir auch nur in einem der Bereich tätig, wir sind nicht zwingend die Gesamtagentur. Das ist in der Tat auch selten. Man braucht viel mehr gute Experten in viel mehr Disziplinen.“
Digitale Vermarktungswege werden dabei immer wichtiger, wie eine Umfrage des Branchenverbandes GWA zeigt. Jung von Matt muss da mithalten. Gründer Jean-Remy von Matt ist inzwischen 62 Jahre alt. Auch wenn er von sich selbst sagt, er fühlt sich noch wie 47. Jetzt geht es erst mal darum, intern die Veränderungen zu kommunizieren. Für den Großkunden Mercedes arbeiten im Haus von Matt rund 100 der 1200 Mitarbeiter. Von Matt selbst nimmt es sportlich. Er sagt: „Es ist immer schade, wenn eine Mercedes-Fahrt endet.“ So sei die Branche, sagt auch Spörer: „Das ist Agenturbusiness, das ist der Ethos, da geht es darum zu sagen, der Bessere hat gewonnen. Und dann ist der nächste Pitch und dann ist man vielleicht wieder der lachende Gewinner.“
Weder Jung von Matt noch Branchenkollege Spörer lassen sich anmerken, wie die Mercedes Entscheidung die Branche aufgewühlt hat. Denn in der Werbung gilt noch immer: Image ist alles.
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