Frauen in Führungspositionen, Frauen-Quote, Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das sind Schlagworte, die ständig in Diskussion fallen. Und von denen Unternehmen behaupten, dass sie sich dafür einsetzen. Aber wie sieht die Realität aus? Jennifer Lange hat mit vier erfolgreichen Frauen über ihre Erfahrungen gesprochen.
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Für Kirsten Dahler war schon immer klar: Sie möchte arbeiten und Familie haben. Mit 27 Jahren hat die Immobilienmaklerin ihre erste Filiale geleitet. Kurz darauf hat sie mit ihrem heutigen Mann die eigene Firma gegründet, Dahler und Company. Hochzeit und Kinder folgten kurz darauf. Von da an hat die heute 50-Jährige ein Leben zwischen Luxusimmobilien und Kinderzimmer geführt. „Frauen, die meinen Weg nicht gegangen sind, beneiden mich. Aber wissen auch nicht worauf ich in der Zeit verzichtet habe. Meine Kinder sind jetzt gerade alle aus dem Haus gegangen. Und ich sage auch, meine Güte, das ging so schnell vorbei, und habe ich eigentlich genug Zeit mit meinen Kindern verbracht. Weil parallel war eben auch diese Existenzgründung und dieses kämpferische im Job und das ist auch ein Nachteil, wenn man sich für so einen Weg entscheidet.“
Ein Au Pair Mädchen und eine Haushälterin haben Kirsten Dahler geholfen. War eines der drei Kinder krank, ist sie nach Hause gefahren. Ihr Mann blieb in der Firma.
„Und das ist glaube ich auch schon das was es anstrengend macht, weil man somit natürlich auch immer auf zwei Hochzeiten tanzen muss, aber das kann man als Frau auch einfach besser.“
Ohne den Partner sei so eine Erfolgsgeschichte aber fast nicht möglich, sagt Gülabatin Sun, die bei der Deutschen Bank den Bereich „Diversity“ leitet. „Hinter jeder starken Frau ist auch ein starker Mann, also man braucht auch einen Partner, der einen dabei unterstützt und das finde ich, ist ein Aspekt, der meistens untergeht.“ Ihr Partner habe sie immer unterstützt und nicht in Frage gestellt, warum sie jetzt schon wieder auf Geschäftsreise muss.
Katarzyna Mol-Wolf leitet die Frauenzeitschrift Emotion. Frauen und Karriere sind häufig Thema in ihrem Blatt. Die gläserne Decke in Unternehmen sei immer noch da, aber…
„Ich glaube, dass es auch viele Frauen gibt, die gar nicht durch die gläserne Decke wollen und sagen, eigentlich ist es okay, wo ich jetzt gerade bin.“ Sie selbst wollte weiter. Als sich vor fünf Jahren die Gelegenheit bot, griff Mol-Wolf zu, und übernahm als Verlegerin den Zeitschriftentitel von Gruner und Jahr. Sie ist selbst Mutter einer zweieinhalb-jährigen Tochter und spricht häufig mit Freundinnen über das Thema Kind und Karriere.
„Es gibt viele Frauen, die das beides hinkriegen wollen und da aber wahnsinnigen Stress auch haben, weil sie sagen, man wird - das ist ja das typische für uns Frauen, dass man das Gefühl hat, man wird keiner Rolle gerecht.“ Frauen sollten sich damit abfinden, dass nicht alles perfekt laufen werde.
Gülabatin Sun, die sich selbst mit ihrem Mann gegen Kinder entschieden hat, bekommt diesen täglichen Spagat bei ihren Freundinnen mit. Und auch bei ihrer Schwägerin, die vor Kurzem ein Kind bekommen hat. „Sie war in der Krabbelgruppe bevor sie wieder Vollzeit zurückgegangen ist ins Berufsleben. Und als dann die Damen in der Runde gefragt haben, wer geht denn wieder arbeiten, da hat sie sich gemeldet und die anderen nicht, und die gesamte Gruppe auf sie auf einmal: Aber du gehst doch nicht wieder Vollzeit arbeiten; also so ein Druck ausgeübt haben.“
Gesellschaftlichen Druck spürt auch Stephanie Thomforde; allerdings weil sie sich für Karriere und gegen Kinder entschieden hat. Sie ist Leiterin des Privatkundengeschäfts bei der Deutschen Bank in Hamburg-Südost. „Da sind Eltern, die eigentlich ganz gerne Großeltern geworden wären. Ich bin meinem Bruder zutiefst dankbar, dass er drei wunderbare Kinder in die Welt gesetzt hat und, ich glaube, ich eine ganz annehmbare Tante für die drei bin. Aber auch das ist ein Druck, der durchaus mal zu spüren ist.“
Wer versucht, wie Kirsten Dahler, alles unter einen Hut zu bekommen, müsse sich wiederum anderen Vorurteilen stellen: „Dass natürlich immer beäugt wird, wie kriegt sie das hin? Macht sie das gut? Kommen die Kinder auf die schiefe Bahn? Diesen Druck, den man die ganze Zeit auch von den anderen Müttern, so im Kindergarten, ich war glaube ich die einzige, die berufstätig war, die ihre Kinder nicht abgeholt hat. Immer mit diesem Druck der Gesellschaft und auch der Familie umzugehen, ist auch nicht immer leicht.“
Jede Frau müsse ihren eigenen Weg finden, sagt Verlegerin Mol-Wolf. „Ich merke es selber auf der anderen Seite, das ist nicht so einfach. Weil ich denke, dass wir Frauen oft, also eher uns vergleichen, anstatt, dass wir gemeinsam in eine Richtung schauen und sagen, Hauptsache wir kriegen das alles hin und wie können wir uns unterstützen oder die andere auch mal ein bisschen beruhigen, dass es schon gut ist, wie sie es macht. Ich glaube, da können wir noch viel dazu lernen.“
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