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Leihmutterschaft in Deutschland könnte bald legal sein

Bislang verboten Leihmutterschaft könnte in Deutschland bald legal sein - was das bedeutet

Vor einigen Jahren berichtete GEO über ein Paar, welches auf natürlichem Wege keine Kinder mehr bekommen konnte. Bei Jutta Dressler war es bei der Geburt ihrer Tochter zu Komplikationen gekommen. Die Gebärmutter hatte sich nicht wieder zusammengezogen, die Frau verlor drei Liter Blut, die Ärzte mussten ihr in einer Not-Operation den Uterus entfernen. Vorbei war ihr Traum, eine große Familie mit drei oder vier Kindern zu haben. Als ihre Tochter fünf Jahre alt war, beschlossen sie und ihr Mann, zu adoptieren - vergeblich. Ihnen wurde kein Kind zugesprochen.

Dann erwähnte ein Arzt die Leihmutterschaft. Im Internet stieß Dressler auf eine Art Agentur in Johannesburg, welche Leihmütter aus und in Südafrika vermittelt. Sie fanden eine Frau, zahlten ihr 10.000 und dem Unternehmen nochmal 15.000 Euro für Krankenhausaufenthalt und "Aufwandsentschädigung" (Heute, knapp 20 Jahre später, liegen die Kosten bei 50 bis 200.000 Euro und mehr). Sie gingen zum Notar, die Afrikanerin unterschrieb einen Vertrag, während der Schwangerschaft auf Alkohol und Zigaretten zu verzichten. Sie setzte ihre Unterschrift auch unter folgenden Satz: "Der einzige Zweck der Leihmutter ist es, als Gefäß zum Zweck der Reproduktion zu dienen." Dann wurden die Eizellen von Jutta Dressler mit den Samen ihres Mannes befruchtet und wenige Tage später der Afrikanerin eingesetzt. Unter Vollnarkose bringt diese 9 Monate später Zwillinge zur Welt. Sie ist Mutter - ohne, dass sie ihre Kinder jemals sehen wird.

Leihmutterschaft ist umstritten - und wird dennoch genutzt

Solche Fälle sind nicht selten. Eltern werden hierzulande rechtlich als solche anerkannt, wenn ihr Kind über eine Leihmutter im Ausland geboren wurde. Allerdings nur, wenn mindestens ein Elternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist. Wenn in vitro und Adoption nicht funktionieren, ist eine Leihmutterschaft im Ausland für manche Paare die letzte Option auf ein Baby. Denn eine Leihmutter in Deutschland zu beauftragen ist illegal. Das Embryonenschutzgesetz verbietet es.

Eine Leihmutterschaft ist nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus moralischen Gründen umstritten. Der Grund: Wer die Mutter eines Kindes ist, entscheidet nicht nur die Genetik. Jede Mutterschaft besteht aus verschiedenen Elementen: aus genetischer, austragender, sozialer und rechtlicher Mutterschaft. Eine Leihmutterschaft trennt das Austragen eines Kindes von den anderen Aspekten ab und gewichtet sie somit unterschiedlich.

"Der einzige Zweck der Leihmutter ist es, als Gefäß zum Zweck der Reproduktion zu dienen"

Dennoch kann man natürlich verstehen, dass eine Leihmutterschaft für Paare, die auf natürlichem Wege keine Kinder kriegen können, darunter auch homosexuelle Paare mit Kinderwunsch, eine Chance auf Lebensglück ist.

Eine altruistische Leihmutterschaft könnte in Deutschland bald legal sein - um Geld darf es nicht gehen

Auch daher will die Bunderegierung die Legalisierung einer nicht-kommerziellen Leihmutterschaft prüfen lassen. Diese wäre etwa gegeben, wenn eine Frau aus altruistischen Motiven für eine andere Frau das Kind austrägt - etwa, weil diese aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage ist. Um Geld darf es dabei nicht vorrangig gehen.

Bereits im Frühjahr wird eine unabhängige Kommission ihre Ergebnisse vorstellen. Wenn sie eine Empfehlung gibt, würde dies den Weg für die Legalisierung ebnen. Auch, wenn dieser steinig sein dürfte. Denn es gibt viele Aspekte zu beachten. Rechtliche - und vor allem moralische.

Wie viel Geld als so genannte "Aufwandsentschädigung" gilt zum Beispiel noch als altruistisch? Und welcher Mensch soll somit den Wert der Austragung und Geburt eines Kindes festlegen? Wenn eine Frau hingegen neun Monate lang ein Kind austrägt und dann gebärt - ist es in Ordnung, ihr keinen Cent zu zahlen? Und, grundsätzlich gefragt: Kann nicht jeder selbst entscheiden, was er mit seinem Körper machen möchte?

Bundesregierung gespalten: "Man muss erkennen, dass Leihmutterschaft bereits heute in An­spruch genommen wird"

Sogar innerhalb der Bunderegierung gehen die Meinungen zur Leihmutterschaft in Deutschland derzeit noch auseinander. Während Saskia Weishaupt von den Grünen kritisch bleibt und auf die "Gefahren für Missbrauch" aufmerksam macht, plädiert Katrin Helling-Plahr von der FDP dafür: "Der Staat sollte selbstbestimmt handelnden Frauen nicht verwehren, helfen zu dürfen."

Und weiter: "Man muss erkennen, dass Leihmutterschaft bereits heute von Deutschen in An­spruch genommen wird. Betroffene Paare, die genügend Geld haben, gehen zum Beispiel ins Ausland, um dort eine Leihmutter zu suchen. Die Frauen dort handeln teilweise aus wirtschaftlicher Not heraus, zudem entsprechen die medizinischen Bedingungen dort nicht immer deutschen Standards." Mit einer Legalisierung der Leihmutterschaft sei daher allen gedient: "Den Kindern, die in sichere rechtliche Rahmenbedingungen geboren werden, den Wunsch­eltern und den Leihmüttern."

Baby auf Bestellung: Leihmutterschaft in Hollywood alltäglich

Liest man ab und an die Klatschpresse, könnte man den Eindruck bekommen, eine Leihmutterschaft sei das normalste der Welt und würde ständig passieren. Denn viele weibliche Hollywood-Stars haben in den letzten 20 Jahren eine andere Frau beauftragt, ihr Kind auszutragen. Die Schauspielerinnen Sarah Jessica Parker, Nicole Kidman und Cameron Diaz sind nur einige von der Liste. Kein Wunder, Kalifornien ist auch als leihmutterschaftsfreundlicher Bundesstaat bekannt. Das ist eine Seltenheit.

Denn es gibt nur wenige Länder auf der Welt, in denen eine kommerzielle Leihmutterschaft gegen Geld legal ist - darunter Russland, einige Staaten in den USA und die Ukraine. Bis zum Ausbruch des Krieges war die Ukraine nach den USA der zweitgrößte Mietmutterschaftsmarkt der Welt. Jährlich wurden hier 2.500 Kinder von ukrainischen Leihmüttern ausgetragen. 90 Prozent davon wurden von ausländischen Paaren "bestellt".

Seit dem Krieg haben Vermittlungsagenturen auf andere Länder umgeschwenkt. Mexiko und Teile Lateinamerikas verzeichnen seither eine erhöhte Nachfrage. Georgien gilt mittlerweile ebenfalls als beliebt. Der Grund, auch wenn das makaber klingt, sind die günstigen Preise. Und genau das ist es, was für die meisten gegen eine Leihmutterschaft spricht: Das Argument der Ausbeutung.

Aus diesem Grund haben einige Länder ihre Regeln verschärft. Während Anfang der 2000er Paare mit Kinderwunsch noch nach Südafrika und Indien reisten, ist eine Leihmutterschaft auch dort nur mehr altruistisch erlaubt. So, wie es auch bald in Deutschland der Fall sein könnte.

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