Der Oktober-Salon war früher eine jugoslawische Ausstellung, später eine serbische und ist seit 10 Jahren international, mit Künstlern und Kuratoren aus der ganzen Welt. Das Thema des diesjährigen Salons ist die Hyperproduktion von Fotos im digitalen Zeitalter. Genauer: Was bleibt davon übrig? Was wird uns von den Milliarden an Fotos in Erinnerung bleiben? Was davon wird in den Geschichtsbüchern stehen? Und wie verändern die Tonnen an Bildinformation von heute unser Erinnern und Vergessen?
Wenn wir alle tot sind, bleibt Pharrell WilliamsUm die Atmosphäre der Ausstellung zu begreifen, ist die Location irrsinnig wichtig. Das Belgrader Stadtmuseum in der Resavska ist mit einem Wort klar zu beschreiben: abgefuckt. Die einstige Pracht des Gebäudes lässt sich heute nur noch erahnen. Doch genau das ist der spezielle Flair - das Spiel zwischen technischer, präziser Kunst und bröckelnden Wänden. Künstler aus Serbien, Kroatien, Bosnien, USA, Belgien und vielen anderen Ländern stellen ihre Werke zur Auffassung von Geschichte und Verarbeitung von Erinnerungen aus. Zu sehen sind Gemälde, Fotos, Film- und Fotoprojektionen, technische Geräte und vieles mehr.
Ganz besonders beeindruckt hat mich Dragana Zarevac' Videoprojektion "Disappearing Happiness". Es ist eine Kompilation vieler Youtube-Videos zu Pharrell Williams' "Happy". Während anfangs nur glücklich tanzende Menschen zu sehen sind, mischen sich gegen Ende immer mehr Bilder von Kriegen, Demonstrationen, Polizeieinsätzen und Verletzten dazu - weiterhin mit den Klängen von "Happy" unterlegt.
Alles was verschwindet, taucht irgendwo wieder auf"Disappearing Things" ist eine ziemlich ernste und etwas düstere Ausstellung in einem ganz besonderen Ambiente, das es in Wien so nicht gibt. Eigentlich ist es beängstigend: Wir schaffen so viel, von dem so wenig übrig bleiben wird. Die ausgesprochen guten Werke der Künstler regen zum Nachdenken an und lassen die Besucher mit Faszination und einem flauen Gefühl im Magen hinausgehen.
Wer vor dem 2. November die Möglichkeit hat einen Abstecher nach Belgrad zu machen, sollte sich "Disappearing Things" nicht entgehen lassen. Für alle anderen gibt es das anknüpfende Filmscreening "Reappearing Things" am 11. November in der Kunsthalle Wien.
Ich habe unzählige Fotos geschossen und hatte dann auch kurz ein schlechtes Gewissen. Doch meine Fotos bleiben durch diesen Blog quasi für die Ewigkeit konserviert. Denn zumindest das Internet vergisst nie.