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Ausbildungsmarkt: Wenig Lohn für viel Arbeit

Tausende von Lehrstellen bleiben unbesetzt, während Tausende Jugendliche erfolglos nach einer Stelle suchen. Anhand von vier Berufen zeigen wir, woran es liegt.

Ein funktionierender Markt ist eine feine Sache. Auf der einen Seite stehen die, die eine Ware oder Dienstleistung anbieten, auf der anderen Seite die, die genau diese Ware oder Dienstleistung nachfragen. Anbieter und Nachfrager einigen sich auf einen Preis, die Transaktion findet statt und alle sind glücklicher als zuvor. Misst man den deutschen Ausbildungsmarkt an diesem Maßstab wird schnell klar: Der Markt versagt.

Die Nachfrageseite, also die Arbeitgeber, jammert seit Jahren über Nachwuchsmangel und unbesetzte Azubi-Stellen. Der hohen Nachfrage nach Lehrlingen und Auszubildenden steht aber eine fast ebenso große Menge an Jugendlichen gegenüber, die eine Lehrstelle suchen. Beide Seiten suchen, aber keiner scheint zu finden. Wie kann das sein? Der Grund ist simpel: "Offenbar wollen die jungen Leute die offenen Stellen nicht annehmen", sagt der Berufsforscher Joachim Ulrich vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

Ein Blick in den Bundesausbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zeigt die Dimension dieses Problems. Rund 530.000 Ausbildungsverträge schlossen Betriebe und Azubis im Ausbildungsjahr vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013, fast vier Prozent weniger als im Vorjahr. 33.500 Stellen blieben bei den Arbeitgebern unbesetzt. Im Jahr 2009 waren es nur rund 17.000. Die Zahl der Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz finden konnte, stieg im gleichen Zeitraum von 15.500 auf 21.000. Weitere 62.500 haben eine berufsvorbereitende Maßnahme begonnen oder absolvieren ein Praktikum, suchen aber gleichzeitig weiter nach einer Ausbildungsstelle.

BIBB-Forscher Joachim Ulrich hat dafür mehrere Erklärungen. Die wichtigste: "Menschen haben das Bedürfnis einen Beruf zu wählen, der ihnen eine gewisse Anerkennung und einen gesellschaftlichen Status gibt", sagt Ulrich. Und in dieser Hinsicht ist nicht jeder Beruf gleich beliebt. Insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe und das Lebensmittelhandwerk leiden unter diesem Imageproblem. Hier bleiben, gemessen am gesamten Ausbildungsplatzangebot, die meisten Stellen unbesetzt.

Dazu kommt, dass die Wirtschaft seit Jahren schon ihr Leid über die stark sinkende Zahl nichtstudienberechtigter Schulabgänger (vor allem Real- und Hauptschule) klagt, aus denen Ausbildungsbetriebe hauptsächlich ihren Nachwuchs rekrutieren. "Es heißt immer, die Betriebe suchen händeringend Lehrlinge. Aber dadurch wird der Lehrstellenmarkt schön geredet. Es besteht die Gefahr, dass die Jugendlichen die Stellensuche auf die leichte Schulter nehmen und weniger kompromissbereit sind", sagt Forscher Ulrich. Viele Jugendliche würden lieber riskieren, in einem angeseheneren Beruf abgelehnt zu werden, als ihren Status durch die Ausbildung in einem unbeliebteren Beruf abzuwerten.

An vier ausgewählten Ausbildungsberufen zeigt ZEIT ONLINE, welche Probleme Bewerber und Unternehmen haben und wie eine Lösung aussehen könnte.

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