Eigentlich sollte ich schlafen können, denn es ist einiges frischer geworden. Anstatt 35 Grad sind es aktuell nur 28 Grad Celsius in der Nacht. Doch erstens kommt es immer anders und zweitens als man denkt.
Während Gümüş gegen 01.00 Uhr auf meiner Terrasse vorgibt auf mich auf zu passen, döst er in Wahrheit genüsslich vor sich hin und Ginger rockt am Camel Beach durch die Nacht. Sie stellt Igel, schmeißt Jungvögel aus ihren Nestern, fängt und frisst Frösche und kleine Fledermäuse und - das ist neu!!! - obwohl sie kastriert ist, lädt sie irgendwelche daher gelaufen Strassen-Kater ein - in Villa Kunterbunt. Sicher doch: das würde sie nie zugeben. Aber es ist so. Sie lockt die Kerle an. Ich weiss es genau. Schliesslich kenne ich doch meine Vierbeiner!
Auf leisen Pfoten schleichen sie sich am pennenden Gümüş vorbei. Auf Samtpfoten springt so ein ungebetener wilder Kater gänzlich ohne Manieren mit dreckigen Tatzen in der Dunkelheit auf den Küchen-Tresen, immer brav der sensiblen Nase nach, um sich über Gingers Futternapf her zu machen. Erst war es ein schwarzer - letzte Nacht ein bunt gemusterter Kater.
Wohl gemerkt, ich schlafe. Doch meine Sinne sind inzwischen so geschärft, dass ich trotz Tiefschlaf sehr wohl mitbekomme, wenn sich in meiner Villa Kunterbunt ein ungebetener Gast herum treibt. Fremde Kater haben keine Ess-Manieren. Sie knatschen. Sie schlürfen. Meine sensiblen Ohren bekommen alles mit. Vor allem weiss ich genau, wie mein Katzen-Kind Ginger sich elegant zu bewegen weiss. Und Ginger knascht nie. Ginger schlürft niemals. Obendrein sind wilde Kater tollpatschig.
Längst bin ich durch die fremden Geräusche erwacht, springe mit einem geübten Satz aus dem Bett, um den Störenfried und Nichtsnutz zu vertreiben. "Gsch gsch gsch gsch gschhhhhh" zische ich durch die Nacht und da passiert es auch schon: Der Kater erschreckt sich so sehr, dass er in der Dunkelheit Gingers Wassernapf auf die Erde schmeißt, während er sich darum bemüht das Weite zu suchen. Die Schale zerbricht beim Aufschlag auf den Fliesen in tausend Einzelteile. Grumpppfffff. Der Kater rennt um sein Leben. Ich hinterher.
„Endlich darf ich wieder in meinem Kuschelbettchen schlafen anstatt auf der Sonnen-Terrasse und am Strand ruhen zu müssen und nun stört mich so ein Mistvieh von Kater. Verdammt noch mal", fluche ich durch die Dunkelheit. Spätestens jetzt ist auch Gümüş wach und bellt instinktiv ohne zu Wissen warum er durch die dunkle Nacht bellt. Erbost schaue ich meinen wilden Hund an. Unschuldig und mit fragenden Blick gibt er mir zu verstehen: „War was?"
„Toller Wachhund", grummle ich ihn an, streichle dennoch sanft seinen Kopf, gehe in die Küche zurück, mache das Licht an um die Glasscherben zusammen zu fegen und stelle plötzlich Blut auf den Fliesen fest. „Auch das noch", plapper ich daher und schaue irritiert auf meine Füsse.
Jetzt schleicht sich Katzen-Kind Ginger von hinten an. Sanft schmiegt sie sich an meine Beine und spielt das Unschuldskind vom Lande und schaut mich an als wenn sie sagen wollte: „Glaub' mir, den Kater kenne ich nicht..." Dann springt sie auf den Tresen und wundert sich über die nicht mehr vorhandene Wasserschale und miaut mich vorwurfsvoll an: „Ich habe Durst." Strafend ignoriere ich sie.
„Du musst warten, Ginger. Erst muss ich die Wunde säubern" und greife nach einem Wundspray, um meine Fußsohle damit zu versorgen. Ginger plärrt weiterhin: „Miauuuuuu, ich habe Durst."
Grummel. Grummel. Grummel. „Gleich. Jetzt wische erst noch den Fussboden sauber und dann bist du dran", doch mein zischendes „okay?" klingt beängstigend für die Kleene. Beleidigt läuft sie auf die Terrasse und macht sich über Gümüş Wassernapf her. Ha, ha, ha, und der brummt jetzt ebenfalls verdächtig laut durch die Nacht. Ich vermute schon wieder einen Strassen-Tiger und brülle vorsichtshalber "gsch, gschhhh..."
Auf einmal herrscht Ruhe auf der Terrasse. Völlig unvermittelt schliesse ich die Haustüre! Ginger? Gümüş? Beide draussen - mit den anderen Raubtieren. Herrlich! Endlich darf ich schlafen und das in einer kühlen Wohnung ganz ohne Eindringlinge und Störenfriede. Jawohl.