5 subscriptions and 3 subscribers
Article

Berliner Modemessen punkten mit neu kuratiertem Konzept

Die Premium und Seek versammelten bei dieser Juli-Ausgabe 450 Brands an auf zwei verkürzten Messetagen in der Station Berlin. Dabei zeigte sich die Branche nicht nur über die Rückkehr zur neuen, alten Location erleichtert, sondern vor allem auch über die Stabilisierung der Rohstoffpreise und die zunehmend spürbare Erholung der Branche.

Qualität statt Quantität sei in diesem Jahr die Devise gewesen, resümieren die Veranstalter nach Messeende. Das traf nicht nur auf die zeitliche Verkürzung des Formats zu, sondern auch auf die Anzahl der Aussteller. Zeigten im Januar noch 500 Brands ihre neusten Kollektionen auf den beiden Formaten, präsentierten bei dieser Ausgabe 250 Marken auf der Premium und 200 auf der progressiver ausgerichteten Schwestermesse

Sorgfältig kuratierter Markenmix

Das neu kuratierte Brand-Portfolio mit vielen internationalen und unerwarteten Brands sei von der Community sehr gut aufgenommen worden, zeigt sich die Premium Group zufrieden. "Es ist eine tolle Location. Ich finde auch die zwei Tage gut und den Termin super. Hier hat es angefangen und ich finde, für gewisse Modemarken passt dieses Ambiente einfach besser als die Messe Berlin", äußert sich Peter Frericks, Head of Global Sales/Brand Manager bei Scotch & Soda Footwear, gegenüber FashionNetwork.com. "Wir freuen uns riesig, dass das neu kuratierte Konzept so gut ankam. Es lief besser als erwartet. Die neue Generation der Branche war nicht zu übersehen: Super stylisch und vor allem motiviert und gut gelaunt. In den Gesprächen und auch auf den Content Stages wurden viele Ansätze mit Potenzial für Zukunft diskutiert. Eine bessere Ausgangslage für den Winter könnten wir uns nicht wünschen", resümiert Jörg Arntz, CEO der Premium Group. Neben dem neuen Markenmix kam vor allem die Location gut an, die nicht nur zu einer urbanen und positiven Atmosphäre beitrug, sondern vor allem eine übersichtlichere Hallenaufteilung bot, die bei der vergangenen Sommer-Ausgabe stark kritisiert wurde.

Stabilisierung der Rohstoffpreise

Die spürbar gute Stimmung war nicht alleine den neuen Rahmenbedingungen oder den DJs zuzuschreiben, die in jeder Halle für musikalische Begleitung sorgten, sondern auch auf die allgemeine, sich langsam wieder erholende Industrie zurückzuführen, die in den letzten Jahren vor gro ßen Herausforderungen stand. "Was man sagen kann ist, dass sich jetzt die Rohstoffpreise wieder stabilisiert haben. Es gab viel Veränderung und viel Bewegung, man muss super flexibel bleiben. Wir haben unseren Logistikpartner gewechselt und haben unseren Ankunftshafen von Hamburg nach Rotterdam verlegt, als alle Schiffe vor Hamburg festlagen", erzählt Annabelle Homann, Chief Operating Officer bei Lanius. Die verzögerten Lieferzeiten sorgten schließlich auch für Schwierigkeiten im Handel. "Wenn im Handel die Ware zu spät ankommt, ist die Abverkaufsquote zu gering, was dazu führt, dass man bei manchen Händlern, die darauf Wert legen, aus dem Sortiment fliegt. Diesen Sommer haben wir aber wieder sehr gut ausgeliefert und auch schon für den kommenden Winter. Das erleichtert vieles", so Homann weiter. Mit ähnlichen Problemen hatte auch die Marke Claire Luise zu kämpfen, die 2020 gegründet wurde und in diesem Juli erstmals auf der Premium ausstellte. "Wir kommen von Krüger Dirndl, das heißt, wir hatten schon das Netzwerk und die Produktion, dadurch war es vielleicht ein leichterer Start, aber durch Corona waren viele Stoffe nicht verfügbar, die Mindestmengen haben sich erhöht, was natürlich für ein Start-up erstmal schwierig ist. Gerade im letzten Jahr hatten wir bei den Lieferzeiten extrem warten müssen, konnten dann unsere Kollektionen erst im Juni/Juli launchen, als andere schon mit Sale begonnen haben, das war sehr schwierig für uns. Wir merken aber, dass sich jetzt langsam wieder alles einpendelt. Es wird deutlich besser", sagt Leonie de Masi von Claire Luise.

Auch das junge Label Emora aus Taiwan, das in diesem Jahr ebenfalls erstmals auf der Premium zeigte, musste große Herausforderungen bewältigen: " Die letzten Jahre waren ziemlich hart, wir sind noch ein junges und kleines Label, weshalb wir nicht in großen Mengen einkaufen können. Dadurch sind die Materialkosten für uns nochmal höher und dazu wollen wir auch unseren Näherinnen faire Preise zahlen. Deshalb mussten wir unsere Preise anheben. Jetzt haben wir aber eine ganz gute Balance gefunden", so Ai Ting Ko, Founder Emora.

"Nachhaltigkeit ist omnipräsent"

"Heute ist es wichtig, dass wir mehr tun, als nur ein fantastisches Produkt herzustellen. Wir sind dazu da, Dinge zu verändern. Deshalb ist es für uns immer wichtig, anders zu denken, gegen den Strom zu schwimmen", sagt Markus Römer, Geschäftsführer von Fashion And Friends. Dass die schwierige Zeit an kaum einer Marke vorbeiging, erklärt auch Julien Kaiser von Armedangels. Das Label konnte jedoch von der nachwachsenden Frage nach Nachhaltigkeit profitieren. "Man merkt, dass grundlegend im Handel eine Kaufzurückhaltung herrschte, Insolvenzen und Zahlungsunfähigkeiten waren ein großes Thema. Davon sind wir nicht betroffen, weil wir uns relativ gut wirtschaften. Aber es ist auch nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Wir können uns aber nicht beschweren, weil wir gerade merken, dass Nachhaltigkeit omnipräsent ist, was für uns natürlich gut ist. Die Leute kommen jetzt nicht nur zu uns, weil wir nachhaltig sind, sondern weil sie das Produkt cool finden. Dadurch werden wir auch für die großen Häuser interessant sind", so Julien Kaiser, Head of Wholesale DACH bei Armedangels. Einen verstärkten Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit legte auch das Markenportfolio der Seek. Zum ersten Mal bestand dieses zu 50 Prozent aus nachhaltigeren Labels, die den Conscious Club weiter stärken. Armedangels präsentierte an seinem Stand eine neue Kommunikationsstrategie, die im nächsten Jahr auf den Markt kommen soll. An jeder Jeans ist dabei auf einem Schild der Carbon Foodprint jedes Herstellungsschritts des Modells kalkuliert - von der Material- und Denim-Herstellung, über das Shipping, die Wäsche bis zur Entsorgung. Einen nachhaltigen Ansatz wählt auch die britische Marke L øci, die auf der Seek Premiere feierte und ab sofort über den Distributor Fashion And Friends erstmals für die DACH-Region geordert werden kann. Das Label fertigt alle Produkte in Portugal, wobei jedes Paar aus zertifiziertem, recyceltem Meereskunststoff oder aus Maisleder hergestellt wird.

Inhaltlich wurde der Conscious Club von den Nachhaltigkeitsexperten von Studio MM04 unterstützt, die den Die Thematik rundum Fair Fashion und faire Arbeitsbedingungen- und Strukturen wurde auf der Abschlusskonferenz der "Good Clothes Fair Pay"-Pressekonferenz von Fashion 202030 - The Berlin Fashion Summit Denim Pop-up im Content Cube organisierten. Entscheider und Fashion Professionals diskutierten die Learnings der Denim Transformation, die neuen Green Claims der EU-Textil-Strategie sowie pragmatische Lösungsansätze, wie man als Branche und einzelne Brand nachhaltiger und wettbewerbsfähig bleiben und agieren kann. Revolution im Conscious Club besprochen. Neben viel Nachhaltigkeits-Inspiration gab es erstmals einen Space für D2C-Brands wie VGB oder ADR Atelier Roupa, die sich sowohl als Brands als auch als Speaker des Content-Programms einbrachten. Zwei Tage lang wurden zwei Stages befüllt mit Talks, Panels, mit Impulsen aus Fashion, Lifestyle, Kultur und Business. Neu in diesem Jahr war auch die Zusammenarbeit der Premium und des Fashion Council Germanys, die unter dem Motto "Curated by Fashion Council Germany" einen Showroom mit avantgardistischen Designern aus Deutschland und der Ukraine schuf.

Für die größte Überraschung sorgte die Premium Group jedoch einen Tag vor Messestart, mit der Bekanntgabe von Die Veranstalter nahmen neben Mode auch verstärkt Beauty-Brands im Portfolio der Messe auf. Der Bereich "Beauty Lounge" war dabei gleich am Eingang der ersten Premium-Halle installiert und versammelte Marken wie Evy, Supprior, ByEloise London, Ozn oder Dearsoap. Anita Tillmanns Abgang. Tillmann wird sich bis Ende dieses Jahres aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Jörg Arntz bleibt als CEO an der Spitze der Premium Group. Er wird durch das Management-Team gestärkt, mit Franziska Diers als Show Direktorin der Premium, Marie-Luise Patzelt als Show Direktorin der Seek und Maren Wiebus als Event and Creative Director. "Jetzt beginnt eine neue spannende Ära des Unternehmens. Die Aussichten sind sehr vielversprechend", blickt die Premium Group positiv in die Zukunft. Die nächste Ausgabe der Premium und Seek findet am 16. und 17. Januar 2024 statt.

Original