Die
Weltbevölkerung wächst. Genauso der Fleischkonsum. Damit steigt
auch der Bedarf an proteinreichen Nahrungsmitteln für Mensch und
Tier. Kluge Lösungen sind gefragt, damit unser Planet diese
Herausforderungen stemmen kann. Insekten werden dabei immer wieder
genannt. Auch zwei Gründer aus Leipzig setzen auf Insekten als
proteinreiche Nahrungsquelle. Sie haben ausrangierte Schiffscontainer
in eine Insektenfarm verwandelt. Iris Milde hat sich das angeschaut.
Finck
„Mein Name ist Jonas Finck. Ich bin Biologe.“
Hempel
„Mein Name ist Kai Hempel und ich bin Betriebswirt. Zusammen sind wir die Geschäftsführer der madebymade GmbH.“
Autorin
Madebymade ist ein junges Unternehmen im Örtchen Pegau südlich von Leipzig, das aus Maden Futtermittel produziert.
Finck
„Die Problematik, die wir angehen, herrscht überall. Auf der einen Seite haben wir ziemlich viele organische Reststoffe, die nicht sinnvoll genutzt werden. Und auf der anderen Seite hat man eben diesen Protein-Gap durch die wachsende Weltbevölkerung und steigenden Konsum.“
Autorin
So Co-Geschäftsführer Jonas Finck. Was 2016 in einer Garage als Experiment begann, ist heute ein ausgeklügelter Produktionsprozess auf 2500 Quadratmetern Fläche in den alten Hallen einer ehemaligen LPG. Den ersten Teil der Anlage nennt Kai Hempel „die Reproduktion“. Dort werden die Fliegen der schwarzen Soldatenfliege gehalten.
„Wir haben mehrere Hunderttausend Fliegen pro Container. Das heißt, der Container selbst ist 12 Meter lang, wir können gar nicht bis zum Ende gucken und überall sind glückliche, schwarze Soldatenfliegen, die Eier legen.“
Autorin
Im Isolationscontainer, in dem einst Kühlware über die Weltmeere geschippert wurde, hängen weiße Tarnnetze, auf denen unzählige etwa zwei Zentimeter lange, schwarze Fliegen sitzen. Dank der Abwärme einer Biogasanlage ist es im Container immer sommerlich warm. In der Luft liegt ein schwerer, leicht nussiger Geruch.
Hempel
„Sie haben jetzt ihr spezielles Licht, die fliegen ganz fröhlich drumherum. Sie haben ihre Sitzflächen, wo sie sich paaren können.“
Jedes Weibchen legt rund 500 Eier. Kurze Zeit später sterben die erwachsenen Tiere. Die Produkte der madebymade GmbH werden hauptsächlich aus den Larven hergestellt. Nach einer kurzen Kinderstube werden die kleinen Maden in die Masthalle überführt.
Hempel
„Wir
haben jetzt hier so etwa fünf Tage alte Tiere, die sind drüben
geschlüpft und kommen hier jetzt auf die Mastfläche drauf.“
In der Masthalle werden etwa ein mal zwei Meter große, flache Metallwannen mit Lebensmittelresten befüllt. Die schwarze Soldatenfliege, die Black soldier fly, ist ein Futtergeneralist, sagt Kai Hempel.
Hempel
„Wir können an einem Tag Tomaten verfüttern, am nächsten Tag Gurken und am übernächsten Tag Apfeltrester. Wir wollen Sachen verwenden, die normalerweise vergast werden würden, also in Biogasanlagen, und Sachen verwenden, die alternativ kompostiert werden würden.“
Autorin
Die Wanne mit der Futtermischung und den Maden wird in einen von vierzehn Containern mit je 72 Mastwannen geschoben. Dort fressen sich die Maden zwei Wochen lang dick und rund.
Nach zwei Wochen beginnt die Verarbeitungsphase. Die Tiere werden von Kot und Häutungsschalen getrennt. Übrig bleibt eine Wanne, in der sich Tausende, etwa zwei Zentimeter lange, hellbraune Maden tummeln. Charlott Ochsenfahrt greift in eine der Wannen. Die weichen Maden schlängeln sich durch ihre Finger.
Ochsenfahrt
„Dann bahnen sie sich ihren Weg, deshalb ist das immer wieder aufregend die in der Hand zu haben.“
Autorin
Lebendfutter werde vor allem von Zoos und Forschungsinstituten bestellt. Drei Tonnen lebende Tiere stößt die Anlage bei voller Auslastung täglich aus. Das sind 5-6 Tausend Tiere pro Kilo. Was nicht lebend versendet wird, kommt in die Verarbeitung.
Vor dem Trockner, der sich wiederum in einem Schiffscontainer befindet, stehen acht Wannen mit Maden.
Hempel
„Die Tiere laufen hier automatisiert in unseren Standardwannen durch diesen Trockner durch, werden auf eine Restfeuchte von etwa acht Prozent runtergetrocknet, sterben auch bei dem Prozess sehr schnell.“
Autorin
Die getrockneten Larven gehen als Tierfutter, zum Beispiel für Vögel und Igel, in den Handel, erklärt Betriebswirt Hempel. Ziel sei eine Zero-Waste-Produktion. Alles wird verwendet. Sogar der Kot der Maden als Dünger in der Landwirtschaft. Das Hauptprodukt der madebymade sei aber Insektenmehl.
Hempel
„Wir reden hier reden von einem Proteingehalt von 50 bis 55 Prozent. Das geht dann in den Petfoodbereich oder in die Aquakulturen. Wir rechnen auch mit einer Zulassung für Hühner und Schweine irgendwann dieses oder nächstes Jahr.“
Autorin
Dann soll die Verfütterung von Insektenmehl an Hühner und Schweine in der EU erlaubt werden. Doch schon jetzt habe das junge Unternehmen mit 16 Mitarbeitern keine Absatzprobleme. Die madebymade GmbH produziert hauptsächlich für den deutschen Markt. Gerade komme man in die Umsatzzone, so Co-Geschäftsführer Kai Hempel, und sei auf der Suche nach Partnern für weitere Anlagen.
Hempel
„Wir haben hier ein dezentrales, modulares System, was an ganz vielen Standorten dann insgesamt genauso produzieren kann wie eine Megafactory, aber viel nachhaltiger, mit viel weniger CO2-Ausstoß und durchaus auch einzeln mit viel weniger Investition.“
Autorin
Denkbar sind in Zukunft auch Lebensmittel auf Insektenbasis für Menschen. Derzeit mangele es jedoch noch an Akzeptanz bei den Verbrauchern für Pasta aus Insektenmehl oder Backmischungen mit Madenöl.
Original