Derzeit wird vor dem Bundesverfassungsgericht das Thema Fixierung in psychiatrischen Krankenhäusern behandelt. Die Frage ist, ob generell immer ein Richter entscheiden muss, ob ein Mensch zum Beispiel ans Bett gefesselt wird oder nicht. Bis jetzt ist das nur in wenigen Fällen so. Doch wie oft muss überhaupt fixiert werden und was ist gesetzlich erlaubt? Iris Milde informiert über die Situation in Sachsen.
Autorin
Einen Menschen an einem Stuhl oder einem Bett festzubinden ist ein starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Deshalb erlaubt sie der Gesetzgeber nur als letztes Mittel, damit der Betroffene nicht sich selbst oder andere verletzt. Und auch nur dann, wenn andere Methoden wie Gespräche oder ein gepolstertes Zimmer zum Austoben nicht greifen. Geregelt wird die Fixierung durch zwei Rechte, einmal nach Bundesrecht und einmal nach Landesrecht, so Alexander Klerch, Beutreuungsrichter am Amtsgericht Dresden.
Klerch
Der Unterschied ist der, dass nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine Fixierung immer der richterlichen Genehmigung bedarf, wenn sie denn über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig angewendet werden soll. Während nach dem Sächsischen PsychKG die richterliche Genehmigung nicht vorgesehen ist. Dort kann im Prinzip der Leiter des Krankenhauses entscheiden.
Autorin
Das Bundesrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch wird vorwiegend in Heimen angewendet, das Landesrecht in psychiatrischen Kliniken. Vor dem Bundesverfassungsgericht wird heute darüber verhandelt, ob bei Fixierungen immer die Erlaubnis eines Richters eingeholt werden muss, also im Falle von Sachsen auch nach dem sächsischen Psychisch-Kranke-Gesetz. Betreuungsrichter Klerch hat im Schnitt einmal monatlich über eine Fixierung nach dem BGB zu entscheiden. Fixierungen nach Landesrecht dagegen werden nicht offiziell erfasst. Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Fachkrankenhaus Hubertusburg führt dennoch eine eigene Statistik, so Chefarzt Peter Grampp.
Grampp
Gott sei Dank sehr selten, weil es für den Patienten natürlich auch eine sehr belastende Angelegenheit ist.
Autorin
In Hubertusburg wurden 2016 14 Fixierungen im akutpsychiatrischen Bereich und 30 im Altersbereich angeordnet, also zum Beispiel um das Einschlafen zu ermöglichen. Die Zahl der Fixierungen sei in den vergangenen Jahrzehnten stark gesunken, so Peter Grampp. Doch auch heute wäre die Zwangsmaßnahme in vielen Fällen noch vermeidbar.
Grampp
Häufig werden Fixierungen quasi als Reaktion auf Personalmangel, entweder weil man es nicht finanziert bekommt oder jetzt eben neuerdings eher, dass man auch nicht geeignetes Personal findet, angewendet, das geht schlichtweg gar nicht.
Autorin
Karla Kundisch vom Selbsthilfenetzwerk seelische Gesundheit in Sachsen, eine Initiative Betroffener, kann nicht verstehen, warum ein solch tiefgreifender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte wie die Fixierung nicht statistisch erfasst wird. Sie fordert zudem, Zwangsmaßnahmen generell durch alternative Behandlungsmethoden zu ersetzen.
Kundisch
Weil ich nicht das Gefühl habe, dass Zwang hilfreich ist. Ganz viele Menschen sind dann entwürdigt, entwertet, fühlen sich auf keinen Fall als Mensch irgendwie ernst genommen. Also da wird mit Menschen, bloß, weil sie als psychisch krank bezeichnet werden, wird da etwas gemacht, was mit anderen nie sein dürfte.
Autorin
Auch Psychiater Peter Grampp weiß, dass eine Fixierung die Weiterbehandlung erschwert. Trotzdem glaubt er, dass sie sich nicht ganz vermeiden lassen wird. Das gelte vor allem für Patienten, die völlig außer sich von der Polizei eingeliefert würden. Bei Patienten, die er persönlich kenne, sei die Fixierung ganz entbehrlich.
https://www.mdr.de/nachrichten/vermischtes/fixierung-psychisch-kranker-menschen-100.html
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