Der Platz am Glockengießerwall füllt sich schnell. Pünktlich um halb sieben am Montagabend haben sich bereits mehr als eintausend Demonstranten vor dem Hamburger Hauptbahnhof versammelt. Sie tragen Plakate, Spruchbanner und Schilder bei sich. Ein Mikrofon wird installiert, Redebeiträge sind vorgesehen. Einige Demonstranten stellen klar: „Wir werden heute friedlich und vereint demonstrieren." Es sind Anhänger von „Tegida", die an diesem Abend zum ersten Mal in der Hansestadt demonstrieren. Friedlich, vereint, und dann der Titel „Tegida": Entsteht nun ein neuer Ableger der rechtspopulistischen „Pegida"-Bewegung? Mitnichten. „Tolerante Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes" nennt sich diese Gruppe, ihr Ziel ist klar: Hier soll eine Gegenbewegung entstehen - als Antithese zu den islamkritischen Kundgebungen, die in den vergangenen Wochen in vielen deutschen Städten regen Zulauf fanden.
„Hirn einschalten und mit Herz verbinden"Mehr als 5000 Menschen fanden sich nach Angaben der Veranstalter am Glockengießerwall ein, die Polizei geht von 4000 Teilnehmern aus. Sprüche wie „Eure Intoleranz ist undeutsch", „Euer Hass ist uns peinlich" oder „Hirn einschalten und mit Herz verbinden" waren auf den Plakaten der Demonstranten zu lesen. Auch Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Vertreter von sozialen Verbänden und religiösen Gemeinden, sowie Gewerkschaftsfunktionäre nahmen an der Demonstration teil. Dem Aufruf zur Demonstration hatten sich SPD, Grüne, Linke, Piratenpartei und die FDP angeschlossen.
Fotos: Henry Lührs
Vorab hatte das Organisationsbündnis deutlich gemacht, dass parteipolitische Auseinandersetzungen an diesem Abend unerwünscht seien. Zwar ist der offizielle Anmelder der Demonstration, Horst Schneider, Mitglied der Hamburger Linkspartei. Doch Tegida-Aktivistin Sidonie Fernau stellte im Mittendrin-Interview klar: „Wir sind ein breites, zivilgesellschaftliches Bündnis, hier wird kein Wahlkampf betrieben."
Friedlich, entspannt und ausgelassen war die Stimmung unter den Demonstranten am Hauptbahnhof. Für Angelika Bieren, Mitglied der Harvestehuder Flüchtlingshilfe, ist die Teilnahme an der Kundgebung selbstverständlich: „Migration und Flucht haben viele deutsche Familien selbst erlebt - darum sind Offenheit und Toleranz gegenüber Flüchtlingen besonders geboten." Die Argumente gegen Zuwanderung und eine Überfremdung der Gesellschaft findet Bieren „absurd". „Intoleranz und Angst erlebe ich in Hamburg immer wieder. Aber eben auch Solidarität und Hilfsbereitschaft."
Präventiv gegen „Hagida" vorgehenErst wenige Tage zuvor war die Demonstration angemeldet worden, mobilisiert wurde ausschließlich via Facebook und per Mundpropaganda. Noch hat es in Hamburg keine Pegida-Demonstration gegeben. Abgesehen von einer „Hagida"-Facebookseite, die Mitte Dezember gegründet wurde, traten die Islamkritiker in der Hansestadt bisher noch nicht in Erscheinung. Die Tegida-Bewegung hofft, dass es dabei bleibt.